Mönchengladbach Muslime kaufen Kirche

Mönchengladbach · In der Kreuzkirche an der Scharmannstraße beten jetzt Muslime. Die evangelisch-methodistische Gemeinde übergab das Haus an die Aleviten. Die alevitischen Glaubensanhänger gelten als liberal und bekennen sich zur Demokratie.

Mönchengladbach: Muslime kaufen Kirche
Foto: Raupold

Die Scharia, die islamische Gesetzgebung, lehnen sie ab. "Bei uns tragen die Frauen keine Kopftücher, und wir trennen auch nicht die Mädchen von den Jungen", sagt Feramuz Solmaz. Er ist der zweite Vorsitzende der alevitischen Gemeinde in Mönchengladbach und deren Geistlicher.

Aleviten sind Muslime, "aber eigentlich haben wir wenig mit ihnen gemein", sagt Solmaz. Doch als jetzt bekannt wurde, dass die alevitische Gemeinde die Rheydter Kreuzkirche von der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) übernahm und in ein alevitisch-muslimisches Versammlungshaus umwandelte, da gab es viele kritische Stimmen.

Eine Kirche wird muslimisches Zentrum — das gilt eigentlich als Tabu. Zwar haben die Rheydter Methodisten vor drei Jahren ihren letzten Gottesdienst in der Kirche gefeiert, aber bislang schienen sie einem Grundsatz verpflichtet, der für Protestanten und Katholiken gilt: Eine Kirche darf Grabeskirche, Synagoge, Kletterkirche oder Wohnhaus werden — aber nicht in ein muslimisches Gotteshaus umgewandelt werden. "Dieser Grundsatz", so Pfarrer Hermann Schenck, Superintendent des Kirchenkreises Gladbach-Neuss, "gilt für uns Protestanten weiterhin. Da gibt es keine Ausnahmen".

Weltoffen und zum Dialog bereit

An diese Regel der evangelischen Kirche im Rheinland ist die EmK als sogenannte Freikirche nicht gebunden. Auch wenn sie zu den 17 Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) gehört. Deren Ziel ist es, die Einheit der Christen zu fördern und zu vertiefen. Superintendent Schenck: "Aber es gibt keine verbindlichen Leitlinien für alle."

Deshalb gelten für die EmK auch nicht die Rechtsvorschriften der evangelischen Kirche. Und selbst wenn Schenk die Aleviten als "weltoffene und zum Dialog bereite" Gemeinde erlebt hat, glaubt er nicht, dass sich an dem Tabu der evangelischen Kirche kurz- und mittelfristig etwas ändert: "Wir werden keine evangelische Kirche Muslimen für eine Moschee überlassen."

Mit dieser Haltung steht er nicht alleine da. Wolfgang Wolff, Rheydter CDU-Politiker und Mitglied im Kirchenvorstand von St. Marien, bewertet die Überlassung der Kreuzkirche an die Aleviten zurückhaltend. "Ich vermute, dass es finanzielle und personelle Zwänge gab, die zu diesem Schritt geführt haben", sagt er.

Für ihn ist es undenkbar, dass dies ein Weg für die katholische Kirche sein könnte. "Viele Menschen haben eine enge Verbindung zu ihrer Kirche. Sie wollen nicht, dass eine andere Glaubensrichtung diese als Gotteshaus nutzt." Auch Pfarrer Klaus Hurtz (St. Marien, St. Franziskus) ist reserviert: "Wir Christen haben ein anderes Gottesbild. Und das ist nicht Allah. Auch wenn wir andere Religionen natürlich respektieren und tolerieren."

Für Edmund Erlemann, ehemaliger Probst des Münsters und Regionaldekan, tritt für den Tabubruch ein. Er würde eine entwidmete katholische Kirche auch Buddhisten oder Hindus überlassen. "Wir wandeln Kirchen für profane Zwecke um. Warum sollen wir sie dann nicht auch einer anderen Religionsgemeinschaft überlassen?" Auf eine Bedingung legt er großen Wert: "Es darf keine fundamentalistische Gemeinschaft sein."

"Wir sind für alle offen. Christen sind eingeladen, bei uns vorbeizuschauen. Oberbürgermeister Norbert Bude war da", sagt Feramuz Solmaz. Bereits 2010 habe die alevitische Gemeinde die Kreuzkirche gekauft. Über den Kaufpreis will der zweite Vorsitzende nicht sprechen. Nur so viel: Finanziert wurde sie durch Spenden und den Beiträgen der rund 140 Mitglieder der Gemeinde. Über anderthalb Jahre hätte es gedauert, bis die Kirche umgebaut und renoviert wurde. Nun ist das Cem-Haus fertig. Die Aleviten nennen ihre Gebetshäuser Cem und nicht Moschee.

Feramus Solamaz: "Früher hatten wir nur gemietete Räume. Jetzt haben wir endlich einen Standort gefunden. Das freut uns sehr."

(RP)
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