Mönchengladbach Rolf Göttel: Der Ansager vom Bökelberg

Mönchengladbach · Stadionsprecher der Borussia ist Rolf Göttel längst nicht mehr, doch noch immer ist seine Stimme bei Heimspielen präsent. Nach jedem Treffer der Gastgeber ertönt sein legendäres "Tooor für die Borussia" im Borussia-Park. Auch als Schiedsrichter und Karnevalist kennen ihn die Gladbacher.

Im Borussia-Park hat Rolf Göttel einen Ehrenplatz. Dort sitzt er bei so ziemlich jedem Heimauftritt des VfL. Zwar hat der 68-Jährige eigentlich gerade an den Wochenenden, wenn die Borussen spielen, viel auf Sportplätzen zu tun: Er ist Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses und will oft vor Ort sein. Doch die Borussia geht vor. "Das ist mein Verein", sagt Rolf Göttel. Wenn "sein Verein" zu Hause spielt, müssen andere Dinge eben warten.

Das wissen auch seine Schiedsrichter-Kollegen. Göttel ist schon seit einer kleinen Ewigkeit eng mit Borussia verbunden: Seit 1958 ist er Vereinsmitglied, von 1962 bis 1992 war er ehrenamtlich Stadionsprecher am Bökelberg. Seine langgezogene Ansage "Tooor für die Borussia" nach jedem Heimspiel-Treffer wurde in den 70er-Jahren zu seinem Markenzeichen. Bis heute wird der Kult-Jubel nach jedem Tor im Borussia-Park eingespielt.

Der Lürriper freut sich, wenn er auf seinem Ehrenplatz sitzt und das hört: "Das macht mich stolz", sagt er. Genau weiß Göttel nicht mehr, wie er damals an die Borussia geriet. "Es könnte sein, dass das von meinem ehemaligen Klassenkameraden Herbert Laumen ausging", erzählt er. Laumen spielte in Borussias Jugendmannschaft, Rolf Göttel und zwei, drei weitere Lürriper folgten ihm. Laumen wurde Torjäger – Göttel lieber Schiedsrichter und Stadionsprecher. "Ich war eher ein Hobbyfußballer", sagt er. 1959 legte er als 15-Jähriger die Schiedsrichterprüfung ab, im selben Jahr wurde er Assistent des damaligen Stadionsprechers Hans-Joachim Leucht. Göttel reichte Leucht die Täfelchen mit den Zahlen für Spielstand und Toto-Ergebnisse an, die an die große Anzeigentafel montiert wurden.

"Das war der Toto-Mat", erzählt er. Drei Jahre später sollte Göttel dann Leuchts Nachfolge antreten. An sein erstes Spiel als Stadionsprecher kann er sich nicht mehr erinnern – ebenso wenig wie an sein letztes. Was er aber noch weiß: "Die ersten Ansagen machte ich in einer Telefonzelle, die im Spielertunnel stand." Später hatte Göttel dann eine Kammer unter dem Tribünendach, "wir nannten sie Schwalbennest". In den 30 Jahren als Ansager hat er so manches historische Ereignis miterlebt, wie das 4:3 gegen den Hamburger Sportverein, nach dem Borussia 1970 zum ersten Mal Deutscher Meister war. Oder den legendären Büchsenwurf in der Partie gegen Inter Mailand: "Das ist das Spiel, das am meisten haften geblieben ist", sagt Göttel. In den 30 Jahren hat er aber auch Historisches verpasst: Ausgerechnet das 12:0 gegen Borussia Dortmund im Düsseldorfer Rheinstadion gehörte zu den zwei oder drei Partien in seiner Karriere, bei denen er fehlte. "Wenn Borussia Mönchengladbach an dem Tag doch noch Deutscher Meister geworden wäre, hätte ich mich darüber so richtig geärgert", erzählt er. Als Stadionsprecher war Rolf Göttel nah dran an der Mannschaft, und "ich hab' bestimmt auch mal die Meisterschale angefasst", sagt er. "Man gehörte einfach dazu."

Während der Spiele gab er den Spielstand durch, lieferte sein "Tooor für die Borussia" ab – und sagte Werbung durch. Zum Beispiel jene für einen Nachtklub im Grenzland. Den Text weiß er heute noch auswendig: "Der Harem lädt die Männer ein, im Harem einmal Scheich zu sein", zitiert er lachend eine Passage. Er habe dann immer noch extra darauf hingewiesen, dass sich der Klub ganz in der Nähe einer Kirche befinde.

Im Gladbacher Karneval war Rolf Göttel mal als Scheich unterwegs, "könnte durchaus sein, dass das mit der Werbung zu tun hatte", sagt er. Der Lürriper ist noch immer Mitglied der Karnevalsgesellschaft "Et flupp", die ihn 1986 dazu überredete, Gladbacher Karnevalsprinz zu werden. "Ich habe das nie bereut", erzählt er. 1986 war auch das Jahr, in dem seine Karriere als aktiver Schiedsrichter endete. Göttel konzentrierte sich fortan auf seine Arbeit als Mitglied verschiedener Schiedsrichterausschüsse.

So war er etwa Obmann im Verbandsschiedsrichterausschuss des Fußballverbands Niederrhein (1986 bis 2004), Vorsitzender im Westdeutschen Fußballverband (2001 bis 2004) und stellvertretender Vorsitzender im Schiedsrichterausschuss des Deutschen Fußballbunds (1989 bis 1995).

Göttels aktive Karriere im Karneval hingegen ging nach 1986 weiter: Von 1987 bis 2000 war er Geschäftsführer des Mönchengladbacher Karnevals-Verbandes, bis heute sitzt er in der Jury, die jedes Jahr die beste Fußgruppe im Veilchendienstagszug prämiert. Als Stadionsprecher verabschiedete er sich 1992, weil er sich nicht verbiegen lassen wollte. Die Vereinsführung bat ihn, seinen Stil umzustellen, die Fans mehr zu animieren, lauter zu werden. "Das wollte ich nicht", sagt er. Mitglied bei Borussia blieb er jedoch. Heute gehört er zum Ehrenrat und hat seinen Ehrenplatz.

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