Mönchengladbach Salafisten: Demos in Gladbach

Anhänger des fundamentalistisch-islamischen Vereins "Einladung zum Paradies" beten seit einer Woche unter den Augen von Sicherheitsexperten auf dem Marktplatz im Mönchengladbacher Stadtteil Eicken. Die Bürger fühlen sich provoziert, doch rechtlich lässt sich wenig ausrichten.

Der Stadtteil ist multi-kulturell. Viele Nationen und Glaubensrichtungen sind in Mönchengladbach-Eicken vertreten. Bisher war das Zusammenleben friedlich. Doch nachdem bekannt wurde, dass eine vom Verfassungsschutz beobachtete Islamschule von Braunschweig ausgerechnet in diesen Stadtteil ziehen soll, ist es mit der Toleranz vorbei.

300 Muslime bei Kundgebung

Eine Bürgerinitiative ruft regelmäßig zu Mahnwachen, Lichterketten und Protestaktionen auf. Aber auch die Anhänger des umstrittenen islamischen Vereins "Einladung zum Paradies" gehen auf die Straße. Gestern Nachmittag trafen sich rund 300 Muslime zum Gebet und zur Kundgebung auf dem Marktplatz in Eicken. Mit dabei: der Prediger Pierre Vogel. Er gilt als Superstar der neuen Welle radikal-islamischer Frömmigkeit. Angeblich hat er schon Hunderte junger Menschen dazu gebracht, zum Islam zu konvertieren.

Gestern auf dem Eickener Marktplatz war es auch so. Öffentlich und medienwirksam nahmen immerhin zwei junge Menschen den neuen Glauben an. Am Abend protestierten wieder die Bürger. Sie wollen die Islamschule auf jeden Fall verhindern. Die Mitglieder von "Einladung zum Paradies" gehören den Salafisten an. Sicherheitsexperten schreiben dieser Strömung eine hochgradig radikalisierungsfördernde Wirkung zu. Hier könnte geistiger Nährboden für Terroristen gelegt werden, sagen sie. "Wir sind für Religionsfreiheit, aber diese Gruppe wollen wir nicht", erklärt Wilfried Schultz, Sprecher der Bürgerinitiative.

Nachtgebet auf dem Eickener Marktplatz

Mitglieder des Vereins "Einladung zum Paradies" sähen die Steinigung von untreuen Ehefrauen als gerechtfertigt an und propagierten, dass ungehorsame Partnerinnen geschlagen werden dürften. Dies könne man nicht einfach so hinnehmen, findet Schultz. Auch die Stadtverwaltung versucht, eine Ansiedlung des Vereins zu verhindern. Die Moschee an der Eickener Straße ließ sie schließen, weil der ehemalige Gemüseladen als Versammlungsstätte genutzt wurde, ohne dass es eine Nutzungsänderung gab.

Als Antwort darauf trafen sich die Anhänger von "Einladung zum Paradies" eine Woche lang jeweils um 22 Uhr zum Nachtgebet auf dem Eickener Marktplatz. Die Bürger ärgerten sich, aber Polizei und Stadtverwaltung waren machtlos. So lange der Verein nicht verboten ist, könne man Kundgebungen nicht untersagen. Und Religionsfreiheit gehöre zu den Grundrechten. Das wissen auch die Mitglieder des Vereins, die sich längst rechtlichen Beistand geholt haben. Eine große Kanzlei aus Köln stellt nun die Anträge, und sie hat die Stadt im Auftrag von Einladung zum Paradies bereits zweimal verklagt. In beiden Fällen ging es um die Nutzungserlaubnis der Moschee.

Eine Eilantrag wurde vom Verwaltungsgericht bereits abgelehnt, die zweite Entscheidung steht noch aus. "Langfristig wird man rein rechtlich nicht verbieten können, dass wir die Moschee und die Islamschule wieder aufmachen", sagte Pierre Vogel gestern, "wir betteln auch nicht darum." Auch wenn Pierre Vogel sowie die Vereinsmitglieder Muhamed Ciftci und Sven Lau immer wieder versichern, dass man gegen Zwangsehe, gegen Terrorismus und gegen Ehrenmorde sei, bleiben viele Mönchengladbacher Bürger skeptisch.

Auch Pierre Vogels Aussagen tragen dazu bei: "Wer glaubt, wir würden ein Loblied auf die Demokratie singen, irrt. Das werden wir nie tun." Oder: "Wer den Islam nicht annimmt, wird in die Hölle gehen." Als bedrohlich wird auch empfunden, dass Anhänger des Vereins die Gesichter aller Zuschauer ihrer Aktionen mit Videokameras akribisch festhält. Aber es gibt auch einige, bei denen vor allem Pierre Vogels lockere, charismatische Art ankommt.

Zum Beispiel bei Leonie (19) aus Münster. Die blonde junge Frau konvertierte gestern auf dem Eickener Marktplatz zum Islam. "Ich schaue mir regelmäßig Videos von Pierre Vogel an. Die Bibel oder den Koran habe ich nicht gelesen. Wenn ich jetzt sterben würde, wüsste ich, dass ich mich vor Gott, vor Allah nicht fürchten müsste." "Wir sind cool drauf, kommt vorbei", sagte Vogel gestern im besten kölschen Dialekt, Und dann grüßte er Oma Else.

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