Schriefersmühle Schriefersmühle brummt

Schriefersmühle · Die fünf Häuser starke Honschaft Schriefersmühle liegt direkt an der Grenze zum Kreis Heinsberg. Obwohl hier nur eine handvoll Menschen leben, ist das Plätzchen an der Bundesstraße 57 als Tank- und Biker-Mekka gut bekannt. Hunderte von Motorrad- und Rollerfans machen dort mit ihren röhrenden Maschinen Station.

 Gerhard Plum liebt es, an Autos rumzuschrauben. Gerade beschäftigt sich der Kfz-Meister in seiner Werkstatt mit einem Wagen eines Kunden.

Gerhard Plum liebt es, an Autos rumzuschrauben. Gerade beschäftigt sich der Kfz-Meister in seiner Werkstatt mit einem Wagen eines Kunden.

Foto: Detlef Ilgner

Links Ackerland, rechts Ackerland, in der Mitte die B57 und natürlich zig Verkehrsschilder. Mehr kommt zunächst nicht, wenn man die Ortschaft Rheindahlen mit dem Auto verlässt und Richtung Erkelenz unterwegs ist. Doch dann taucht plötzlich ein weißes Haus mit einem riesigen Parkplatz davor auf.

 Ein historisches Überbleibsel aus der Honschaft: die Mühle. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie schwer beschädigt.

Ein historisches Überbleibsel aus der Honschaft: die Mühle. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie schwer beschädigt.

Foto: Detlef Ilgner

Fenster geschmückt mit bunten Lichtreklamen und -Ketten — "Ellys Bikertreff". Hier sausen nicht nur seit fünf Jahren Autos und Lastwagen vorbei, sondern immer wieder machen hunderte von Motorrad- und Roller-Fans mit ihren röhrenden Maschinen Station. Willkommen in der klitzekleinen und brummenden Honschaft Schriefersmühle.

Freilich macht die Honschaft nicht nur die Biker-Kneipe aus. Nein, auch der Beinahe-König von Schriefersmühle lebt hier. Gerhard Plum, Betreiber der dortigen Kfz-Werkstatt und Tankstelle, Grundstückseigentümer des Ortes, in der Freizeit Tierliebhaber und Oldtimer-Bastler. Das war's dann aber auch nur fast, denn das Plätzchen ist vor allem durch seine Mühle bekannt — Wo sonst käme auch der Name "Schriefersmühle" her.

"Viel los ist hier aber nicht", sagt Elly Valckx (54), Betreiberin der Kneipe und freut sich über die eigene Feststellung. "Ist auch gut so. So haben wir keine Probleme wegen der Biker", meint sie. Die kommen noch immer nicht bei allen so gut an, weiß sie. Vielleicht liegt's an den Lederkluften. "Denn alle denken immer gleich bei Motorradfahrern an Rocker. Totaler Blödsinn", erklärt die Frau, die selber am liebsten Lieder der Gruppe Queen hört.

Seit fünf Jahren gehen bei ihr Motorradfahrer ein und aus. "Angefangen vom Arbeiter bis hin zum Bankdirektor", erzählt sie. Elly, die nur gedutzt werden will, selbst stolze Besitzerin einer CBF 1000 ist und vor über 30 Jahren von den Niederlanden nach Deutschland kam, hat sich mit der Wirtschaft einen Traum erfüllt. "Es ist nicht nur irgendein Laden, das ist Familie", sagt Dieter Coenen (81), einer ihrer Stammgäste.

Familiensache ist auch die Autowerkstatt und Tankstelle von Gerhard Plum (63). "Schon mein Großvater hat sich damals Brennstoff von einem Pferdewagen liefern lassen. Damals wurde noch in der Mühle getankt", erinnert er sich. Zusammen mit seinem Sohn betreibt er den Meisterbetrieb, "er wird ihn auch später einmal übernehmen", sagt er. Bis dahin ist aber noch ein bisschen Zeit. Gerhard Plum hat sich ein klares Ziel gesetzt. Und das heißt: Noch mit 75 Jahren arbeiten. "Das hat auch mein Vater geschafft. Es wäre schön, wenn ich das auch packen würde."

Genug zu tun, das hat er so oder so. "Mir gehört hier ja fast alles. Einiges habe ich verpachtet. Zum Beispiel das ganze Ackerland, das nun Bauern bewirtschaften. Und deshalb fällt immer Arbeit an", sagt er. Zum Beispiel, wenn er seine 300 Meter lange Hecke zurecht schneiden muss oder mal wieder das Rasenmähen ansteht — Auf einer Fläche von 3500 Quadratmetern eine ganz schön schweißtreibende Aufgabe.

"Man muss halt alles in Ordnung halten", lautet seine Devise. Und so war es für ihn und seine Familie auch schon damals klar, dass die alte Mühle wieder hergerichtet werden muss. Die fiel den Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer, brannte ganze drei Wochen lichterloh. Ein neues Dach kam drauf, die Mauern wurden von Innen und Außen wieder in Stand gesetzt. Zwar liegen immer noch die Mahlsteine in der Mühle, aber nach dem Krieg wurde sie nicht mehr benutzt.

Inzwischen dient die Mühle, verziert mit einer Marien-Statue, nur noch als Lager und Unterschlupf seines geliebten Federviehs. Sieben Turmfalken und eine Schleiereule zählt er neben seiner Familie zu seinen kostbarsten Schätzen. "In großen Volieren haben sie dort genügend Platz", sagt der Tierliebhaber stolz.

Wegziehen aus der Honschaft, das wollte Gerhard Plum nie. Aber was ist eigentlich so toll an Schriefersmühle? Warum an einer Bundesstraße leben, an der es weder einen Supermarkt noch eine Bäckerei gibt? Kneipenpächterin Elly und Gerhard Plum sind sich einig: "Die Ruhe." Und ganz schnell revidieren beiden wieder ihre Meinung: "Eigentlich ist es an der Bundesstraße recht laut, aber man ist für sich, kann machen, was man will." Stimmt! So stört sich Gerhard Plum nicht daran, auch mal Sonntags die Motorsäge anzuschmeißen und auf dem Parkplatz von Elly Valckx heulen die Motoren der heißen Öfen auf. Wer behauptet, in Schriefersmühle sei nichts los, der irrt gewaltig. Hier brummt das Leben!

(RP)
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