Mönchengladbach Schüler lernen Leben im Rollstuhl kennen

Mönchengladbach · In einer etwas anderen Unterrichtsstunde erlebten rund 170 Schüler der Gesamtschule Volksgarten, wie es ist, das Leben auf zwei Rädern zu verbringen. Dabei stand nicht nur ein Perspektivwechsel, sondern auch der Spaß im Vordergrund.

 Ausgelassene Stimmung beim Perspektivenwechsel: Die Sechst- bis Neuntklässler der Gesamtschule Volksgarten hatten sichtlich Spaß beim Umgang mit dem zweirädrigen Hilfsmittel.

Ausgelassene Stimmung beim Perspektivenwechsel: Die Sechst- bis Neuntklässler der Gesamtschule Volksgarten hatten sichtlich Spaß beim Umgang mit dem zweirädrigen Hilfsmittel.

Foto: Isabella Raupold

Mit einem breiten Grinsen wippte Lilly entspannt von vorne nach hinten. Die beiden Greifringe aus Metall dabei fest im Griff. Sie erweckte den Anschein, als säße sie in einem bequemen Sessel, doch ihr Untersatz war kein gepolstertes Sitzmöbel – sondern ein Rollstuhl. Ohne jegliche Berührungsängste meisterte sie den Umgang mit dem Gefährt, und schien sogar große Freude daran zu haben. Eigentlich ist die Elfjährige kerngesund und in keiner Weise auf dieses fahrbare Hilfsmittel angewiesen – zumindest nicht so oft. "Als ich wegen eines Fußbruchs im Krankenhaus lag, musste ich auch Rollstuhl fahren, darum habe ich ein bisschen Übung", erklärte die Sechstklässlerin.

Lilly war eine von rund 170 Schülern der Gesamtschule-Volksgarten, die bei einem Selbstprojekt des Rollstuhlverbandes teilnahmen. Dabei sollten die Sechst- bis Neuntklässler den spielerischen Umgang mit den zweirädrigen Hilfsmitteln erlernen, die gehbehinderten Menschen Mobilität und eine gewisse Selbstständigkeit ermöglichen. An zwei Tagen hatten die Schüler die Möglichkeit, sich in einen der 28 Rollstühle zu setzen und einfach drauf los zu fahren. "Ihnen macht das sehr viel Spaß, viele Kinder sind sehr interessiert und stellen Fragen", sagte Christian Pauwels (35), der das Projekt als Sportlehrer begleitete und selber viele Fahr- und Brems-Übungen mitmachte. Bei den zweistündigen Einheiten wurden jedoch nicht nur einige Runden durch die Turnhalle gedreht, sondern auch Körbe beim Rollstuhl-Basketball geworfen und zahlreiche Gespräche geführt.

Wichtiger Ansprechpartner war dabei Patrick Moser. Der 23-jährige Übungsleiter vom Rollstuhlverband leidet unter einer spastischen Diplegie, bei der vor allen Dingen die Beine gelähmt sind, so dass er nur sehr schwer ohne das zweirädrige Hilfsmittel auskommt. Von Frust ist bei dem lebensfrohen Hobby-Basketballer aber dennoch keine Spur. "Wir wollen Menschen dafür sensibilisieren und zeigen, dass ein Rollstuhl auch durchaus mit einer Menge Spaß verbunden sein kann", erklärt Patrick, der als Flügelspieler aktiv ist. "Das Feedback der Schüler ist super. Es ist sehr wichtig, dass sie mal das Leben aus der Perspektive eines Rollstuhlfahrers erleben", so Patrick, der den Schülern zudem die richtigen Grifftechniken vermittelte. Trotz der ausgelassenen Stimmung machte Patrick Moser aber auch auf die Missstände aufmerksam, die trotz aller Inklusionsdebatten immer noch vorherrschen. "Es gibt viel zu wenige Schulen und öffentliche Plätze, die barrierefrei sind. Da gibt es noch jede Menge Handlungsbedarf", sagte der 23jährige Übungsleiter.

(RP)
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