Mönchengladbach Streit um die Theater-Millionen

Mönchengladbach · In den kommenden Monaten entscheidet sich die Zukunft des Theaters. Wegen des Spardrucks spekulieren die ersten öffentlich über Einschnitte wie das Aus für das Ballett. Schon jetzt formiert sich der Protest der Unterstützer.

 Die Sparte Ballett könnte dem städtischen Sparzwang zum Opfer fallen. Proteste wie 2009 (o.) sind zu erwarten.

Die Sparte Ballett könnte dem städtischen Sparzwang zum Opfer fallen. Proteste wie 2009 (o.) sind zu erwarten.

Foto: stutte / ilgner

Als Dr. Anno Jansen-Winkeln (FDP) in seiner Haushaltsrede als erster die Folgen des Stärkungspakts aussprach, hatten seine Ampel-Kollegen vor allem eines im Blick: ihre Schuhe. Denn die Verantwortlichen blickten betreten nach unten, als Jansen-Winkeln recht unverblümt zu verstehen gab, dass sich die Stadt seiner Meinung nach das Theater in dieser Form nicht mehr wird leisten können. Das war unabgesprochen — und den Ampel-Entscheidern extrem unangenehm. Dabei sind Jansen-Winkelns Thesen nicht subversiv, sondern fast schon Mainstream. Alle Städte, die als Folge des Stärkungspakts zweistellige Millionenbeiträge einsparen mussten, haben auch bei der Kultur angesetzt. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens kosten Theater viel Geld, im Falle Gladbachs knapp 13 Millionen Euro pro Jahr. Zweitens sind sie — anders als die Unterbringung von Sozialhilfeempfängern — eine so genannte freiwillige Leistung der Stadt.

Mönchengladbach: Streit um die Theater-Millionen
Foto: Ilgner

Höhere Eintrittspreise

Jansen-Winkeln hat die Diskussion gewollt plakativ so auf den Punkt gebracht: "Für die 180 Euro, die die Gemeinschaft jeden Besuch eines Theaterbesuchers subventioniert, könnte ich den auch mit dem Taxi nach Düsseldorf bringen." Nun ist die Zahl zwar hoch gegriffen. Faktisch geht es holzschnittartig gerechnet eher um knapp 100 Euro pro Ticket. Aber die Frage, wie viel Theater sich die Stadt noch leisten kann, steht dringender denn je im öffentlichen Raum. Und der FDP-Fraktionsvorsitzende hat der RP auch eine Antwort gegeben: Eine Million mehr Einnahmen, zum Beispiel durch höhere Eintrittspreise, eine weitere Million Kürzungen bei den Ausgaben — auf so eine Größenordnung könnte es hinauslaufen. Was das bedeutet, ist Jansen-Winkeln klar. "Eine Sparte schließen. Ich persönlich kann mir das Theater auch ohne Ballett vorstellen."

Tatsächlich wird alles, was beim Theater gespart werden soll, erhebliche Folgen haben. 2009 bescheinigte ein Gutachten dem Gemeinschaftstheater, alle wesentlichen Einsparpotenziale schon umgesetzt zu haben. Selbst Kämmerer Bernd Kuckels erkennt an: "Im Bundesvergleich haben wir ein günstiges Theater." Und das heißt: Wer mehr sparen will, muss tief einschneiden: weniger Produktionen oder eine ganze Sparte weniger. Klar ist für Kuckels aber auch: "Ich kann mir einen Haushaltssanierungsplan nicht ohne einen Sparbeitrag des Theaters vorstellen."

Bis 2015 hat sich die Stadt genau wie Krefeld ohnehin verpflichtet, rund 13 Millionen Euro an die GmbH zu überweisen. Sollte die Stadt darüber hinaus das Theater in der bisherigen Form haben wollen, müsste sie noch mehr Geld geben. Denn steigende Löhne treffen das Theater, bei dem der Personaletat 85 Prozent ausmacht, besonders. Jeder Einschnitt muss spätestens bis 2013 klar sein. Doch wegen des Stärkungspakts wird nun noch früher über das Schicksal des Theaters entschieden.

Das hat seine Hausaufgaben gemacht. Statt der prognostizierten 80 000 Zuschauer, werden es am Ende der Saison fast 110 000 sein. Generalintendant Michael Grosse sagt: "Wir sind eine Bildungseinrichtung und darum ein Lebensmittel." Kulturdezernent Dr. Gert Fischer verweist auf die Zahl der Arbeitsplätze, die am Theater hängen. Diese Menschen seien ein Wirtschaftsfaktor für die Stadt, sagt Professor Hans Dieter Jakubowski, der Vorsitzende der Theaterfreunde. Er erinnert daran, dass 2009 mehrere hundert Gladbacher für ihr Theater demonstrierten. Damals ging es um 450 000 Euro. Diesmal könnte es um viel mehr gehen. Jakubowski: "Was meinen Sie, was da los sein wird? Wir sind bereit, für unser Theater zu kämpfen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort