Mönchengladbach Zu gelassen in der Kfz-Stelle

Mönchengladbach · Ein Morgen im Wartesaal der Kfz-Zulassungsstelle: Wer ein neues Auto anmelden möchte, braucht mindestens einen Tag Urlaub. Es dauert Stunden, bis man als Kunde an der Reihe ist. Die können aber unterhaltsam sein.

Es ist 8.28 Uhr am Freitagmorgen, als Peter Holzenleuchter den großen Test beginnt. Der Personaldezernent der Stadt Mönchengladbach tut so, als wollte er ein Auto anmelden.

"Wie ein ganz normaler Kunde", sagt der Chef des Behördenchefs. Holzenleuchter weiß, dass es in den vergangenen Tagen in der Zulassungsstelle zuging wie im Sommerschlussverkauf. Die Mitarbeiter waren heillos überfordert, schmissen die wütenden Bürger sogar nach Stunden der Wartezeit raus. Holzenleuchter will es nun an diesem Morgen wissen.

Er stellt sich hinten an, gemeinsam mit Ordnungsamts-Chef Hans-Georg Krull und Wilfried Schlausch, kommissarischer Leiter der Zulassungsstelle. Er zieht seine Nummer: 70. Er schaut auf die Tafel, die die Nummern aufruft. Dort steht gerade eine 27. Er ahnt nun: Er hat Zeit. Wenig später ziehen wir auch unsere Nummer: schon 84. Und schon Nummer 31 auf der Tafel. Schön. Hinein in den Warteraum.

Es ist einer dieser Räume, in dem die Menschen bloß nicht miteinander in Kontakt treten. Ein junger Mofafahrer beschallt mit seinem Kopfhörer den ganzen Saal, eine ältere Frau hat gerade einen ganzen Krimi ausgelesen (George Owens' "Verbotene Türen"), ein Herr im blauen Overall zählt die schwarzen Punkte auf der Raufasertapete, eine Autohändlerin beobachtet die Leute. Eigentlich ganz angenehm hier.

Es ist schattig, nicht zu heiß, schön still, nur die Klingel reißt die Wartenden gelegentlich aus dem Nickerchen und verkündet — Trommelwirbel: Der Nächste bitte. Gut, nur noch zwei Stunden. Alles sehr gelassen hier. Zu gelassen. Die Ungeduld bei den Ausharrenden im Raum wächst zusehends, aber das Schöne ist: Alle verbergen sie. Rrriiing: Nummer 44, es ist 9.35 Uhr. Auf einer Werbetafel verspricht der TÜV: "Bei Wartezeiten über 15 Minuten gibt's Geld zurück." Aha.

Holzenleuchter, Hans-Georg Krull und Wilfried Schlausch vertreiben sich die Wartezeit, indem sie durchs Haus gehen und über die Situation der Stelle beraten. Im Minutentakt kommen jetzt immer neue Kunden. einer zieht jetzt Nummer 113. Rrriiing, Nummer 56 um Punkt 10 Uhr. Die Frau mit dem Krimi liest noch einmal von vorne, der Kopfhörer beschallt nichts mehr. Vermutlich sind die Batterien leer. Eine Autohänderlin, die fast jede Woche da ist, meint: "Geht schnell heute."

Draußen im modernen, aber ein bisschen kahl eingerichteten Flur vor der Zulassungsstelle gibt's Kaffee und Brötchen. Eine clevere Geschäftsidee von Jeffiner Wacker und Ilona Seidler. "Die Leute lassen hier den Frust ab", sagen sie. Zum Beispiel, wenn an der Information keiner saß und erst nach Stunden Wartezeit am Schalter klar wird, dass nicht alle Papiere zur Anmeldung eines Wagens dabei sind — Pech gehabt. Die Information ist an diesem Freitag nicht besetzt.

Rrriiing, Nummer 70, 10.42 Uhr, es ist Holzenleuchters Nummer. Er steht auf und sagt: "Wir werden einige Neuerungen einführen, um Wartezeiten zu verkürzen und uns auf Spitzen besser einzustellen."

(RP)
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