Nettetal "Das ist purer Egoismus"

Nettetal · Nettetals Karnevalisten fegen alle Sicherheits- und Jugendschutzbedenken beiseite: Sie wollen erst um 17.11 Uhr das Rathaus stürmen. Die Mehrheit im Ordnungsausschuss reagierte empört, nur die CDU ist unschlüssig.

So fröhlich und unbeschwert wünschen sich Karnevalisten und Behördenvertreter den Rathaussturm am Altweiberdonnerstag in Nettetal. Leider sieht es hinter den Kulissen anders aus.

So fröhlich und unbeschwert wünschen sich Karnevalisten und Behördenvertreter den Rathaussturm am Altweiberdonnerstag in Nettetal. Leider sieht es hinter den Kulissen anders aus.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Zwischen den Sicherheits-, Ordnungs- und Jugendbehörden auf der einen Seite und den am Rathaussturm beteiligten Karnevalisten gibt es einen handfesten Konflikt. Die Karnevalisten beharren darauf, am Altweiberdonnerstag erst um 17.11 Uhr das Rathaus zu stürmen. Die Behörden dagegen wollen spätestens um 16.11 Uhr stürmen lassen. Der zuständige Ausschuss folgte dem Kompromiss (verlangt war zunächst 14.11 Uhr) und entschied sich für 16.11 Uhr.

Doch selbst dieser Termin wackelt. Horst Fänger erklärte für die CDU, der Bürgermeister lege die Uhrzeit des Rathaussturms fest. Allerdings könnte seine Fraktion sich auch noch zugunsten der Karnevalisten entscheiden. Er stand nach eigenem Bekunden unter dem Eindruck einer kürzlichen Versammlung. Darin hatten sich 15 Vertreter von Gesellschaften für den Termin 17.11 Uhr ausgesprochen, es gab nur eine Gegenstimme.

"Sehr bedenklich"

Für Helmut Anderski, den Leiter der Polizeiwache Kaldenkirchen, waren Fängers vorwurfsvolle Äußerungen, die Sicherheitsbehörden und der Jugendschutz hätten ihre Aufgaben nicht im Griff (er relativierte das danach) der Auslöser, die sich selbst auferlegte Zurückhaltung aufzugeben: Das Verhalten der Vereine sei "sehr bedenklich. Da wird kein Argument zur Sicherheit akzeptiert, das ist purer Egoismus".

Er hatte zuvor, unterstützt von Jugendamtsleiter Jochen Müntinga und Christa Wetzels vom Kreisjugendamt eindringlich berichtet, wie Jugendliche den Rathaussturm zur hemmungslosen Trinkerei missbrauchen. In diesem Jahr war es soweit gekommen, dass ein Jugendlicher, der sich "abgeschossen" hatte, buchstäblich auf einer Trage ins Krankenhaus gebracht werden musste, weil kein Krankenwagen mehr verfügbar war.

Polizei und Ordnungsamt haben ihr Personal aufgestockt, um Missstände zu dämpfen. Stunden vor dem Sturm werden von Jugendlichen angelegte Alkoholdepots ausgehoben, die Geschäftswelt wird angehalten, sich streng an das Jugendschutzgesetz zu halten. Der späte Nettetaler Termin gilt in der Säufer-Szene als ultimativer Treff beim ganztägigen Rathaussturm-Hoppen ab 11.11 Uhr.

Das Drama um Saufexzesse hindert Karnevalisten nicht, auf den späten Termin zu beharren. Sie könnten angeblich "berufsbedingt" nicht früher anrücken und hätten Terminzwänge. Das Argument löste Kopfschütteln in der Runde aus. Nach 11.11 Uhr könne man an Altweiber weder Behörden noch Firmen erreichen, weil dort kräftig gefeiert werde, hieß es. In der gesamten Nachbarschaft Nettetals sind Rathausstürme um 11.11 oder 14.11 Uhr üblich. "Und wer wirklich feiern will, der nimmt sich frei, um mitmachen zu können", erklärte Hans-Hubert Glock (CDU). Er war für zwei Sessionen Prinz und hat nicht die Terminenge verspürt, die angeblich an Altweiber herrscht.

(RP)
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