Nettetal Kurzweilige Warterei

Nettetal · Mit "Warten auf Godot" des Literaturnobelpreisträgers Samuel Beckett hat das "Theater unterm Dach" ein großes Stück vorgenommen. Die Aufgabe gelang: Das Premierenpublikum ließ sich gern mitreißen.

 Björn Gotzes, Alexander Heimes, Jan Küper und Frederik Derendorf entführen mit Beckett in "Warten auf Godot" in eine undurchsichtige Welt. Das Spiel reizt mitunter zum Lachen – doch es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

Björn Gotzes, Alexander Heimes, Jan Küper und Frederik Derendorf entführen mit Beckett in "Warten auf Godot" in eine undurchsichtige Welt. Das Spiel reizt mitunter zum Lachen – doch es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

Foto: Busch

Becketts Theaterstück "Warten auf Godot" ist sicherlich eine Herausforderung an das darstellerische Können. Das Nettetaler Laienensemble "Theater unterm Dach" hat sie angenommen und pariert mit einer schlüssigen Inszenierung, die authentisch und in der berührend tragikomischen Umsetzung überraschend kurzweilig wirkt. Das Darstellerquartett Björn Gotzes, Alexander Heimes, Jan Küper und Frederik Derendorf spielt sich gekonnt die Bälle zu und meistert gutes Schauspiel. Das Premierenpublikum ließ sich mitreißen und dankte Björn Gotzes' und Alexander Heimes' Regie mit begeistertem Beifall.

Das Regisseur-Duo verzichtet auf eine klar umrissene Bühne. Es siedelt das Spiel mittig des Raumes mit Ausläufern über dessen gesamte Länge an, während die Stuhlreihen zu beiden Seiten ansteigen. Durch die betonte Nähe zwischen Schauspielern und Zuschauern gewinnt die Dichte des Spiels noch zusätzlich an unmittelbar berührender Intensität.

Dieter Fackendahls Ausstattung ist sparsam auf das Nötigste reduziert und erfasst komprimiert die Vorstellung eines nicht näher definierten Ortes mit kahlem Baum. Hier vertreiben sich Wladimir und Estragon mit absurden Diskussionen, Streitigkeiten über Belangloses und Versöhnungen die Zeit des Wartens. Sie begegnen dem reichen Tyrannen Pozzo, der seinen Diener Lucky als willenlosen Packesel missbraucht. Doch der erwartete Godot kommt nicht.

Die Regisseure überzeugen zugleich in den Hauptrollen Wladimir und Estragon. Den immer wieder kehrenden Dialog ("Komm wir gehen" – "Wir können nicht" – "Warum nicht" – "Wir warten auf Godot") fügen sie unaufgeregt schlicht ein. Er wirkt wie ein Ruhepol im ungemein facettenreichen Spiel, das glänzend die tragikomische Hilflosigkeit der Antihelden auf den Punkt trifft. Das Spiel reizt mitunter zum Lachen, doch es ist ein Lachen mit bitterem Nachgeschmack, das im Halse steckenbleibt. Beide Darsteller agieren hochkonzentriert mit der elementaren Lust an Kontrasten und zahlreichen Zwischentönen.

Brutal laut durchbricht Jan Küper als Pozzo die Zweisamkeit der Vagabunden. Auch er entfaltet eine bewundernswerte Präsenz mit Talent für die Welt des Literaturnobelpreisträgers Beckett. Küper gibt seiner Figur ein gebieterisches Auftreten, lässt sie aber auch unschlüssig, beinahe philosophisch und vom Diener abhängig wirken. Frederik Derendorf verleiht dem Lucky verwirrende Apathie, durchbrochen von eruptiven Ausbrüchen zur Darstellung menschlicher Orientierungslosigkeit.

(anw)
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