Nettetal Reifen Tomaten bald in der dritten Etage?

Nettetal · Beim 1. Nettetaler Unternehmensforum "Agrobusiness" werden Visionen zum Anbau von Nahrungsmitteln in der Zukunft vorgestellt. Phytowelt-Chef Peter Welters wirbt für ein Bioraffinerie-Konzept.

 Tomatenbauer Karl und Christl Brunen zeigen ihre Anlage in Leuth. Auch in anderen Bereichen soll es künftig Landwirtschaft unterm Dach geben, so Prof. Folkard Asch beim 1. Nettetaler Unternehmensforum "Agrobusiness".

Tomatenbauer Karl und Christl Brunen zeigen ihre Anlage in Leuth. Auch in anderen Bereichen soll es künftig Landwirtschaft unterm Dach geben, so Prof. Folkard Asch beim 1. Nettetaler Unternehmensforum "Agrobusiness".

Foto: Busch

Da die Flächen für den Anbau von Pflanzen knapp werden, die stetig wachsende Weltbevölkerung aber ernährt werden muss, wird auf Dauer "Sky-Farming" nötig: Anbau in Hochhäusern. Diese Vision entwickelte Folkard Asch, Professor an der Universität Hohenheim, am Beispiel des Grundnahrungsmittels Reis. Die "wichtigste globale Nahrungspflanze" deckt immerhin weltweit 20 Prozent des Kalorienbedarfs. "Reis im Hochhaus – das klingt absurd", meinte er auf dem ersten Nettetaler Unternehmensforum "Agrobusiness" im Schloss Krickenbeck. Aber in Sachen Nahrungsmittelproduktion dürfe man sich keinerlei Denkverbote auferlegen.

Asch entwickelte seine Thesen vor dem Hintergrund der mehr als 10 Millionen Menschen zählenden Mega-Citys vor allem im asiatischen Raum. Um auf Dauer immense Transportkosten zu vermeiden, müsse der Reisanbau dort stattfinden, wo die Verbraucher wohnten. Ein Hektar Sky-Farm ersetze 10 bis 40 Hektar Fläche im Freien. Was der Reis aus dem Hochhaus kosten werde, wusste der Professor nicht zu sagen. Denn "solch ein Haus ist noch nicht zeigen ihre baubar, da viele technische Probleme ungelöst sind". Aber man sollte sich zeitig genug darüber Gedanken machen.

Da wir auch in Deutschland einen "Wettbewerb der Flächen" haben, müssen verstärkt Überlegungen in Richtung "Indoor Agriculture" oder "Urban Farming" angestellt werden. Als Leiter des Fraunhofer "inHaus-Zentrums" in Duisburg wies Volkmar Kreuter darauf hin, dass die Konkurrenz um Flächen sich nicht nur auf Siedlungsbereiche und Landwirtschaft erstrecke, sondern auch innerhalb des Agrarbereichs auf Nahrungsmittel und Energiepflanzen. Er sieht die Zukunft in einer stadtnahen Produktion, die den Deutschen entgegenkomme, die regionale Produkte bevorzugten.

Der Wettlauf um Flächen zwingt somit auch hierzulande zu einer bestmöglichen Nutzung. Werden deshalb demnächst Gewächshäuser mit zwei, drei oder vier Stockwerken entstehen, damit nicht der ganze Niederrhein unter Glas verschwindet? Der Gedanke wird noch nicht offiziell verfolgt, doch arbeiten Forscher und Praktiker innerhalb eines Euregio-Interreg-Projektes schon am High-Tech-Greenhouse 2020. "Wir brauchen den großen Wurf", beschwor der Kempener Zierpflanzenzüchter Georg Hanka. Er ist zuversichtlich, denn "wir haben in der Region schon jetzt eine gute Startposition für die Herausforderungen von morgen".

Dem Agrobusiness werde die Landesregierung verstärkte Aufmerksamkeit widmen, versprach der Wirtschaftsstaatssekretär Günther Horzetzky, der mit vielen Zahlen untermauerte, dass der Niederrhein eine der größten Gartenbauregionen Deutschlands ist. Im Kreis Viersen seien 25 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Agrobusiness tätig, im Land und Bund nur 18 beziehungsweise 19 Prozent. Ihm imponierte die gute Vernetzung über die Grenze hinweg, die ausgebaut werden könne. Mit der Gründung des Agrobusiness-Vereins sei der Region "ein großer Wurf gelungen". Beredt warb Dr. Peter Welters, Chef der Phytowelt Green Technologies GmbH aus Lobberich-Dyck, für sein Konzept einer Bioraffinerie mit Biogasanlage, Blockheizkraftwerk und Pflanzenproduktion. Dafür hat das grüne Unternehmen eine neue Pappelsorte gezüchtet, die schon nach rund sechs Jahren hiebreif sein soll und als "Futter" für verschiedene Teile der Anlage und Produkte dienen kann. Wenn bis 2020 eine solche Anlage als Verbundprojekte mit mehreren Partnern stehen soll, "brauchen wir politische Unterstützung". Denn Flächen sind kaum zu bekommen. Der Staatssekretär will sich der Sache annehmen.

(mme)
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