Nettetal Steffi Alten hat die Stricknadeln übergeben

Nettetal · Steffi Alten gilt als feste Institution in Lobberich. Mit ihrem "Wollgeschäft" war sie 52 Jahre lang auf der Marktstraße für ihre Kunden präsent. Selbst wer mit Stricken, Häkeln oder Nähen nichts zu tun hatte, kannte das Fachgeschäft. Jetzt hat sie die "Stricknadeln" an Roswitha Krüppel übergeben. Sie führt das Handarbeitsgeschäft mit zwei Mitarbeiterinnen und einem männlichen Auszubildenden seit Anfang Januar weiter.

 52 Jahre lang hat Steffi Alten (re.) ihr Wollgeschäft geführt. Nun hat sie es an Roswitha Krüppel übergeben.

52 Jahre lang hat Steffi Alten (re.) ihr Wollgeschäft geführt. Nun hat sie es an Roswitha Krüppel übergeben.

Foto: Busch

Angefangen hat Steffi Alten im Haus Marktstraße 31, bevor sie das einige Meter entfernte Haus an der Marktstraße 74 sanierte und im Erdgeschoss ihr Handarbeitsgeschäft eröffnete. "Damals waren Selberstricken und Häkeln noch in", erinnert sich Steffi Alten. "Stricken war sozusagen Lebensstil", fügt sie hinzu. Bis 1986 boomte das Geschäft mit "Do-it-yourself"-Handarbeiten, Stricken und Häkeln. Dann ließ der Trend zum Selbermachen rapide nach. "Ganz früher wurden Bilder, Kissen und Klingelzüge gestickt", sagt sie. Die Durststrecke scheint aber überwunden. Heute, fast 30 Jahre später, ist Stricken wieder angesagt. "Die Kundschaft hat sich sehr verjüngt", bestätigt Geschäftsnachfolgerin Roswitha Krüppel. Sie betreibt in Grevenbroich in einem großen Einkaufszentrum ein weiteres Handarbeitsgeschäft. "Stricken ist wieder im Trend, ein Knäuel Wolle gilt als halbfertiges Produkt", sagt sie.

Es sei eine neue Szene dem Maschenwahn verfallen. Spätestens seit Biathlon-Olympiasiegerin Magdalena Neuner und Schauspielerin Sarah Jessica Parker stricken, um sich vor Wettkämpfen oder am Set zu entspannen, gehört das Maschenspiel wieder zum Lifestyle. "Das war früher auch so, da wurde gestrickt, während man den Einkaufswagen schob", sagt Steffi Alten und schmunzelt. Männer machen heute keinen Hehl daraus, dass sie mit Stricknadeln umgehen können. Deshalb ist auch der 21-jährige Azubi Robert nicht nur bei den Damen sehr beliebt, er hat längst die entspannende Wirkung des Strickens entdeckt und gibt sie an andere Strickwillige weiter.

"Ganz neu ist das Filzstricken", sagt Roswitha Krüppel. Auch das Stricken von Kleidern sei derzeit ebenfalls stark verbreitet. Steffi Alten ist von der Umgestaltung "ihres" Laden begeistert. "Er wirkt heller und größer", stellt sie etwas verwundert fest. Die alten Theken sind verschwunden, eine neue Theke gibt den Blick auf die Vielzahl der verschiedenen Woll- und Garntypen frei. Frisch und bunt fällt die neue Sommerware ins Auge. Das Schaufenster ist verschwunden, und ein großer Tisch mit Stühlen lädt zum Ausruhen ein. "Hier können sich die Kunden in Ruhe hinsetzen und stricken", erklärt Roswitha Krüppel. Am Tisch werden Muster ausprobiert und sie hilft fachkundig, wenn Probleme auftreten.

"Ein Muss ist die kompetente Beratung", sagt die Handarbeitsfachfrau. Muster, Anleitungen und Strickhefte liegen im Geschäft aus. "Ich bin sehr gut hier in Lobberich aufgenommen worden, die Nachbarschaft war von Beginn an sehr nett", freut sie sich. Sie hofft, dass sie das alteingesessene Handarbeitsgeschäft so kompetent weiterführen wird wie Steffi Alten es tat. Die genießt derweil ihren Ruhestand und bricht erst einmal in einen wohlverdienten Urlaub auf — vielleicht mit etwas Wehmut im Herzen: 52 Jahre wischt man nicht so einfach weg. FRAGE DES TAGES

(ivb)
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