Nettetal Streit um Situation der Flüchtlinge

Nettetal · Asylbewerber können in Nettetal Bekleidungsgutscheine nur bei der Kleiderkammer der Caritas einlösen. Das kritisiert ein Mitglied des Flüchtlingsrates NRW scharf. Auch die Unterbringung im Container am Caudebec-Ring sei "trostlos".

 Die Kleiderkammer der Lobbericher Caritas – draußen zurzeit die Baustelle an der von-Bocholtz-Straße, drinnen herrscht Ordnung im Angebot.

Die Kleiderkammer der Lobbericher Caritas – draußen zurzeit die Baustelle an der von-Bocholtz-Straße, drinnen herrscht Ordnung im Angebot.

Foto: Busch

Die Kleiderkammer der Caritas in Lobberich verteilt seit mehr als 20 Jahren Kleidung an bedürftige Menschen. Auf der Homepage der Pfarre St. Sebastian heißt es dazu: "Die Caritas-Kleiderkammer hilft bedürftigen Nettetaler Familien, Flüchtlingen, Asylanten und Fremdarbeitern". Michael Stoffels, langjähriges Mitglied im Flüchtlingsrat NRW, wundert sich allerdings über die von der Caritas gewählte Formulierung. Er bemängelt, dass es sich bei der Einteilung in Asylanten und Flüchtlinge um "eine bösartig-falsche Unterscheidung aus Zeiten des Kalten Krieges" handele. Stoffels hat seine Kritik in mehreren Schreiben an die Stadt Nettetal und die Pfarre St. Sebastian formuliert.

Armin Schönfelder, Sozialdezernent der Stadt, meint dazu: "Flüchtling ist eine Art Oberbegriff. Bei Asylbewerbern gibt es verschiedene Stadien: zum Beispiel Duldung, Aufenthaltsgestattung und Aufenthaltserlaubnis." Der Begriff "Asylant" werde häufig — fälschlicherweise — als Beleidigung gesehen.

Grundlage ist das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Zu dessen Leistungen zählt auch Bekleidung. Das Prozedere der Kleiderkammer empfinden viele Flüchtlinge als "entwürdigend". Mit Hilfe von Stoffels haben einige Betroffene einen offenen Brief an die Stadt geschickt. Sie bemängeln, dass es in anderen Kommunen ein jährliches Bekleidungsgeld gebe. In Nettetal hingegen bekämen sie Gutscheine, die sie ausschließlich bei der Kleiderkammer der Caritas einlösen könnten. Dadurch werde ihnen die Freiheit genommen, selber zu entscheiden, wie sie sich mit Kleidung versorgen. Dadurch fühlten sie sich entmündigt, diskriminiert und sozial ausgegrenzt, heißt es.

Schönfelder verteidigt die Regelung: "Laut Gesetz sollen die Betroffenen in erster Linie durch Sachleistungen versorgt werden." Sei das nicht möglich, könnten Gutscheine oder Bargeld ausgegeben werden. "Bei uns bekommen Asylbewerber Kontokarten mit festem Guthaben. Damit können sie im Stadtgebet einkaufen", erklärt er. Für Kleidung gebe es halbjährlich eine Bescheinigung für die Kleiderkammer. Schuhe und Unterwäsche können mit den Karten neu gekauft werden.

Inge Inkmann verwaltet die Kleiderkammer im Herzen Lobberichs ehrenamtlich. Sie betont, dass sie nur gut tragbare Sachen für die Ausgabe berücksichtige. "Wir sortieren die uns hereingegebenen Kleidungsstücke. Bei uns werden keine Lumpen herausgegeben", sagt sie. Schönfelder versichert unterdessen, das Gutscheinsystem habe sich in Nettetal bewährt. Man habe sich bewusst dafür entschieden, um die örtliche Wirtschaft anzukurbeln, aber auch, um Missbrauch vorzubeugen: Die Kontokarten sind nicht übertragbar, Tabak und Alkohol können nicht gekauft werden.

Auch die generelle Wohnsituation der Flüchtlinge am Caudebec-Ring wird in dem Brief an die Stadt Nettetal angemahnt: Zu viele Menschen wohnten auf zu engem Raum, Privatsphäre: Fehlanzeige. Auch Stoffels hat die aus seiner Sicht unhaltbare Situation in mehreren Briefen an Bürgermeister Christian Wagner angeprangert. "Dem Vorwurf, Flüchtlinge würden unter der Unterbringungssituation in Nettetal leiden, muss ich deutlich widersprechen", sagt Schönfelder. In dem Container am Caudebec-Ring wohnten zurzeit 37 Personen. Die Unterkunft sei auf 56 Plätze ausgerichtet. Die Wohnsituation ist Thema im öffentlich tagenden Sozialausschuss am Dienstag um 18.30 Uhr im Saal des Rathauses in Lobberich. Dabei geht es sowohl um Bedarfsfragen, als auch um den baulichen Zustand.

FRAGE DES TAGES

(RP)
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