Viersen "Bin kein Typ für die erste Reihe"

Viersen · Interview Der Kreis Viersener Bundestagsabgeordnete Uwe Schummer (51) spricht über den neuen Bundeswirtschaftsminister, große Koalitionen, seine zweite Heimat Berlin, prominente Unterstützung im Wahlkampf und australische Rettungsschwimmer.

Herr Schummer, seit einigen Wochen gibt es einen neuen Bundeswirtschaftsminister. Haben Sie Karl Theodor von und zu Guttenberg schon kennen gelernt?

Schummer Ich kannte ihn schon vorher. Er gehört zum neuen Bild der bayerischen CSU unter Horst Seehofer. Er ist ein ungeheuer solider, freundlicher und auch kompetenter Mensch. Diejenigen, die ihn heruntergeredet haben und gesagt haben, er hätte keine Wirtschaftskompetenz, die werden sich noch wundern. Guttenberg wird sie noch alle überraschen. Er ist eine exzellente Wahl. Ich versuche auch, ihn als Wahlkampf-Unterstützung in den Wahlkreis zu holen.

Das dürfte jetzt schwieriger werden.

Schummer Wir hatten ihn angefragt, als er noch Generalsekretär der CSU war. Jetzt ist er Wirtschaftsminister. Da müssen wir ihm Zeit geben, seine Termine zu planen. Und davon hat er jetzt jede Menge.

Wer soll Sie noch im Wahlkampf unterstützen?

Schummer Bildungsministerin Annette Schavan wird sicher kommen. Mit ihr arbeite ich im Fachbereich "Berufliche Bildung und lebenslanges Lernen" eng zusammen. Wir haben das Meister-Bafög, das ich als Berichterstatter begleitet und auch mitformuliert habe, jetzt in zweiter und dritter Lesung verbessert. Es gibt außerdem eine Zusage von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Eine tolle Frau, Rettungsschwimmerin mit Techniker-Ausbildung.

Sie haben mal gesagt: Koalitionen führen zu schlechten Kompromissen.

Schummer Das gilt für Willich (lacht). Eine absolute Mehrheit ist immer das Beste. Da hat man eine klare Verantwortung. Da weiß man auch als Wähler, das hat gut funktioniert oder es hat nicht funktioniert und zieht dann die Konsequenzen. Koalitionen führen immer zu Kompromissen und einer Verwässerung von Verantwortung.

Dann sind Große Koalitionen die schlechteste Lösung.

Schummer Die drittbeste Lösung. Die Alternative wäre aber eine Dreier- oder Vierer-Konstellation. Und je kleiner eine Partei ist, desto stärker ist der Profilierungsdrang. Da kriegt man dann kaum noch Kompromisse zu Stande.

Glaubt man den Umfragen, liefe alles bei der nächsten Wahl auf eine Koalition von CDU/CSU und FDP hinaus.

Schummer Das wäre auch der richtige Weg. Wobei ich froh bin, dass in der Weltwirtschaftskrise und bei den schwierigen und notwendigen Maßnahmen, die derzeit getroffen werden, die beiden Volksparteien zusammen agieren. Auch wenn man sieht, was wir mit der SPD auf dem Arbeitsmarkt bewegt haben. Insofern waren die Merkel-Jahre in der Großen Koalition wichtige Jahre. Aber die nächste Legislatur-Periode wird im Zeichen eines vereinfachten Steuerrechts stehen. Das kann man nicht mit der SPD. Das kann man eher mit der FDP.

Die Liberalen sind im Moment sehr stark. Wie erklären Sie sich das?

Schummer Was Jürgen Rüttgers als Ministerpräsident in Düsseldorf macht, ist auch das Rezept für Berlin. Das heißt: Die Union sammelt die heimatlos gewordenen Wähler der Sozialdemokraten ein. Sie rutscht weiter nach links und muss auch die sozialen Themen sehr solide und überzeugend besetzen. Das lässt natürlich Raum für die FDP, die ihr Marktsegment im wirtschaftsliberalen Bereich abdeckt. Die Union muss eine große Spannweite haben, so wie die CDU das in Nordrhein-Westfalen mit Jürgen Rüttgers auch in sozialen und wirtschaftlichen Bereich geschafft hat.

Die Kommunalwahl wird jetzt wohl am 30. August sein. Vier Wochen später ist schon Bundestagswahl. Das wird ein kurzer Wahlkampf.

Schummer Ja. Für mich beginnt die heiße Phase erst nach dem 30. August. Das gebührt der Respekt vor der Kommunalwahl. Ich finde die Wahl der Bürgermeister und der Stadtverordneten soll Vorrang haben. Man hat ja auch bewusst gesagt, dass die Kommunalwahl nicht von der Bundestagswahl überlagert werden soll. Und mir ist ein kurzer, aber prägnanter Wahlkampf auch lieber. Da soll dann eine sachliche Leistungsbilanz der letzten vier Jahre gezogen werden.

Mögen Sie den Rummel im Wahlkampf eigentlich?

Schummer Ich bin nicht so der Typ für die erste Reihe. Mir ist es lieber, wenn ein Image entsteht: Der kümmert sich, der tut was.

Das heißt, Sie streben auch kein höheres Amt an?

Schummer Das kann immer passieren. Das ist so, wie Aristoteles Onassis es einmal formulierte: Man darf den Ämtern nicht hinterher laufen, man muss ihnen entgegen kommen. Einen Ausschuss-Vorsitz fände ich schon spannend. Da geht es über Parteigrenzen hinweg um die Sache, um Lösungen, und nicht um den ideologischen Streit.

Und könnte es mal einen Minister Uwe Schummer geben?

Schummer Würde ich nicht ablehnen. Wenn ich die Möglichkeit bekomme, mehr Einfluss zu nehmen, mache ich das. Aber sobald man einem solchen Amt hinterherläuft, wäre das die falsche Einstellung.

(RP)
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