Niederkrüchten Bunker-Bergung an der A52

Niederkrüchten · Nächtlicher Großeinsatz an der B230: Wo demnächst die Autobahn 52 verlaufen soll, ist ein Westwall-Bunker aus späten Kriegstagen aufgetaucht. Mit schwerem Gerät ist das Beton-Ungetüm gehoben worden. Die RP war dabei.

Es geht gegen 23 Uhr, als Peter Vosen seine 30 Tonnen am Haken hat. Bedächtig schwebt ein Beton-Koloss am 26 Meter langen, mächtigen Arm des Krans über die von Hochleistungs-Scheinwerfern taghell ausgeleuchtete Szenerie. Überraschend viele Neugierige, die teils mit dem Fahrrad über die für Autos gesperrte B230 gekommen sind, verfolgen das Schauspiel. Die Spannung ist spürbar, doch Kranfahrer Vosen wirkt in seinem Führerhaus trotz höchster Konzentration so gelassen, als würde er ein Butterbrot auf seinen Frühstücksteller bugsieren. Dafür halten Dr. Uwe Schönfelder und Dr. Arne Schmid-Hecklau die Luft an. Sie sind die beiden Köpfe der Essener Firma Archbau, die auf archäologische Ausgrabungen und Dokumentationen spezialisiert ist. Normalerweise haben sie es mit keltischen Gräbern, Relikten römischer Villen oder Überresten mittelalterlicher Stadtmauern zu tun. Heute koordiniert Archbau die Bergung eines Bunkers aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Der sollte einst den Vormarsch der Alliierten bremsen, schlummerte dann jahrzehntelang im Waldboden und stemmt sich nun der A52 entgegen.

Darum muss er weg. Das Archbau-Team hat ihn in den letzten Tagen freigelegt. Es ist ein 1944 erbauter Ringstand für zwei bis drei Soldaten, erklärt Schönfelder. Eine verrostete Maschinengewehrhalterung haben die Archbau-Leute noch gefunden. Der Bunker ist nicht größer als eine Gartenlaube und sieht aus wie eine zu groß geratene Mischung aus Waschmaschine und Hundehütte. Früher wäre ein solches Kriegs-Überbleibsel wohl gesprengt worden. Doch weil dieser Bunker bemerkenswert gut erhalten ist, muss er gesichert werden, so die Auflage des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege. Darum der gewaltige Aufwand: Mit zwei Tiefladern und Schwerlastkran ist die Hürther Spezialfirma Breuer & Wasel angerückt. Auf einem der Tieflader liegen vier je 12,5 Tonnen schwere und Baumstamm-dicke Stahlplatten. Sie werden als Gegengewicht für den 30 Tonnen-Bunker auf das Kranfahrzeug gehievt. Der zweite Tieflader ist zunächst leer. Auf ihm setzt Kranfahrer Vosen gegen 23.20 Uhr millimetergenau und butterweich das Beton-Gebilde auf. Schmid-Hecklau und Schönfelder atmen durch, aber noch nicht auf. Denn der zweite — und schwierigere — Teil steht noch bevor: Der Bunker wird 500 Meter Luftlinie entfernt an einem Waldweg nahe der Lenhsen-Kiesgrube wieder aufgestellt. Es ist Mitternacht, als der Tieflader mit der Sonderfracht eintrifft. Es ist 2.30 Uhr, als der Bunker endlich sicher sitzt. An seinem alten Standort ist nur ein Krater geblieben. Wo einst das Beton-Bollwerk jedes Fortkommen verhindern sollte, fahren bald Menschen und Güter - grenzüberschreitend und unbehelligt. KOMMENTAR

(RP)
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