Viersen Viersen ist seine Heimat

Viersen · Ankommen in einem neuen Land. Was das heißt, erlebte Fuat Arslan vor 40 Jahren. Damals kam er als 17-Jähriger aus der Türkei nach Dülken. Als Gastarbeiter begann er in der Eisengießerei von Wilhelm Güsken. Heute ist er dort Betriebsleiter und engagiert sich für Integration.

 Kam vor 40 Jahren als junger Gastarbeiter aus der Türkei in Dülken an: Für Fuat Arslan und seine Familie ist Viersen zur Heimat geworden. Der 57-Jährige ist heute Vorsitzender der islamischen Gemeinde. Er setzt sich für Integration ein. Die Moschee stehe allen Viersenern offen, sagt er.

Kam vor 40 Jahren als junger Gastarbeiter aus der Türkei in Dülken an: Für Fuat Arslan und seine Familie ist Viersen zur Heimat geworden. Der 57-Jährige ist heute Vorsitzender der islamischen Gemeinde. Er setzt sich für Integration ein. Die Moschee stehe allen Viersenern offen, sagt er.

Foto: BUSCH

Der 20. Juni ist für Fuat Arslan ein besonderer Tag. Allerdings hat er an diesem Datum weder Geburtstag, noch ist es sein Hochzeitstag. "Das war vor nunmehr 40 Jahren mein erster Tag in Deutschland als Gastarbeiter", sagt Arslan. Die Erinnerung an diesen Tag, der so frisch in seinem Gedächtnis ist, als wäre es erst gestern passiert, lässt den heute 57 Jahre alte Viersener lächeln.

Drei Tage waren er und viele weitere türkische Männer mit dem Zug von Istanbul nach München unterwegs gewesen. "In München wurden wir in eine Unterkunft gebracht und erhielten jeder zunächst ein Brot mit Käse, einen Apfel und eine Banane. Es war die erste Banane, die ich in meinen Leben aß", erzählt Arslan, der damals gerade einmal 17 Jahre alt war.

Mit dem Taxi nach Dülken

Danach ging es wieder in die Züge, diesmal aufgeteilt nach den Ankunftsorten Mönchengladbach, Rheydt und Viersen. Gleis 11 in Richtung Köln sei es gewesen, erinnert sich Arslan. In den späten Abendstunden kam er in Viersen an. Ein Mitarbeiter der Firma, die den jungen Mann aus der Türkei angeworben hatte, holte ihn ab und brachte ihn mit einem Taxi nach Dülken.

Dort bezog Arslan das durch die Firma angemietete Zimmer. Der folgende Montag war sein erster Arbeitstag bei der Dülkener Eisengießerei von Wilhelm Güsken. "Ich habe als Kehrer angefangen und durfte den Kollegen Arbeitsmaterialien bringen. Ein türkischer Mitarbeiter, der schon 18 Monate hier war, war unser Dolmetscher und brachte uns Deutsch bei", erinnert sich Arslan, der heute Betriebsleiter in der Eisengießerei ist.

Einfach sei es nicht immer gewesen, das Heimweh habe ihn schon mächtig gezwickt. "Wenn ich auf die Uhr schaute, sah ich meine Familie daheim in Nevsehir vor mir und stellte mir vor, was sie gerade machte. Ich sah sie beim Mittagessen vor mir, meine Mutter beim Melken der Tiere. Ich vermisste Mutters Essen", erzählt Arslan.

Doch der junge Türke sah auch die schönen Seite seiner Entscheidung, als Gastarbeiter in ein fremdes Land zu gehen, das dringend Arbeitskräfte suchte. Er stieß auf viel Hilfsbereitschaft. So kümmerte sich ein älterer Kollege mit ums Deutsch lernen, wobei "ich sogar Dülkener Platt lernte, damit ich die anderen verstehen konnte", sagt Fuat Arslan.

Mit einem Schmunzeln erinnert er sich heute daran, wie er auf der Suche nach einem Arzt bei einem Frauenarzt landete. "Ich sah das Schild mit der Abkürzung Dr. und ging, weil ich Herzschmerzen hatte, in die Praxis", erzählt Arslan. Der freundliche Mediziner nahm sich seiner an und half ihm weiter. An Pommes essen und Cola trinken bei Horten, Tanzen in den Discos, die Suche nach Auberginen und Melonen auf den Märkten der Umgebung — es gibt viele Erinnerungen.

Bereut hat es Fuat Arslan nie, nach Deutschland gekommen zu sein. "Viersen ist meine Heimat geworden", betont er. Wichtig in all den Jahren war und ist ihm die Integration. Arslan engagierte sich jahrelang im Ausländerbeirat der Stadt Viersen.

Er erhielt für seine Verdienste um die Integration die bronzene Stadtplakette und seit 1989 ist er Vorsitzender der islamischen Gemeinde in Viersen, wobei ihm auch hier wichtig ist zu zeigen, dass die Moschee allen Menschen jederzeit offen steht. "Integration kann immer nur von zwei Seiten funktionieren", weiß Arslan.

(tref)
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