Willich "Die Simpsons": Übersetzer aus Anrath

Stadt Willich · Mit Ivar Combrinck war ein gebürtiger Anrather jahrelang für die Übersetzung der Dialoge in der Zeichentrickserie zuständig. 2006 starb der Sohn von Dr. Bodo Combrinck, der das Anrather Gefängnis in der NS-Zeit geleitet hatte.

 Die Dialoge der Simpsons wurden jahrelang von einem Anrather übersetzt.

Die Dialoge der Simpsons wurden jahrelang von einem Anrather übersetzt.

Der Name Combrinck hat in Anrath keinen guten Klang. Regierungsrat Dr. Bodo Combrinck leitete von 1939 bis zum 2. März 1945 das Männergefängnis und Frauenzuchthaus in Anrath. Ulrich Bons schrieb in seinem Aufsatz "Das Anrather Gefängnis im Dritten Reich. Der Versuch einer Rekonstruktion." (erschienen im "Heimatbuch des Kreises Viersen" 2002): "Als Mitglied der NSDAP zählte Combricnk, der auf der Ordensburg Vogelsang in der Eifel geschult worden war, laut Auskunft ehemaliger Häftlinge zu jenen Menschen, die als untergeordnete Glieder in der NS-Hierarchie ihr tägliches Handeln an den Grundsätzen des NS-Terrors ausrichteten." Der Nachtarrest, das Schlafen ohne Matratze auf dem Steinboden, gehörte zu Combrincks bevorzugter Disziplinarmaßnahme für Häftlinge.

Dialogbuchautor aus Anrath

Vielen jüngeren Menschen – nicht nur in Anrath – dürfte der Name Combrinck dagegen in durchaus positiver Erinnerung sein. Ivar Combrinck, der Sohn des Gefängnisleiters, wurde am 16. Januar 1943 in Anrath geboren und erlangte eine gewisse Berühmtheit als Dialogbuchautor und Synchronsprecher. Er lieh manch bekanntem Schauspieler wie John Travolta oder Kevin Spacey seine Stimme – in allerdings nur halbwegs populären Filmen. Deutlich nachhaltiger war aber seine Arbeit als Synchronregisseur für die erfolgreiche US-Zeichentrickserie "Die Simpsons" (siehe Infokasten).

Zu dieser Zeit lebte der gebürtige Anrather und ausgebildete Theaterschauspieler bereits in München. Ab 1976 spezialisierte er sich als Dialogbuchautor und Regisseur auf das Synchronisieren von Filmen und Serien für das deutsche Fernsehen.

Die Arbeit an "Die Simpsons" – später auch an den artverwandten Serien "Futurama" und "Family Guy" – gehört zweifellos zu Combrincks bekanntesten Werken. Er übersetzte die Drehbücher der Geschichten rund um die amerikanische Durchschnittsfamilie. Und er führte die Regie bei der deutschen Bearbeitung. Ganz nebenbei sprach er auch noch diverse Charaktere. Tingel-Tangel-Bob oder Reverend Timothy Lovejoy zum Beispiel sprechen in Deutschland mit Combrincks markanter Bass-Stimme.

Für die Arbeit an "Die Simpsons" lebte Combrinck die Hälfte des Jahres in den USA. Pro Folge brauchte er durchschnittlich einen Tag für die Übersetzung. Im Laufe der Jahre zog sich Combrinck dabei immer lauter werdende Kritik von eingefleischten Fans der Serie zu. Fehler beim Übersetzen technischer Begriffe oder von Redewendungen im Amerikanischen wurden ihm vorgeworfen. Zahlreiche Gags seien so in der deutschen Fassung auf der Strecke geblieben.

Verantwortung abgetreten

Combrinck wehrte sich bis zu seinem Tod stets gegen die Kritik. Im September 2006 starb er an den Folgen eines Hirntumors. Bereits als die Krankheit bei ihm diagnostiziert wurde, trat er die Verantwortung für die von ihm bearbeiteten Serien ab.

(RP/jco)
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