Stadt Willich Schüler essen Brot mit Schiebewurst

Stadt Willich · Schüler sollen sich wieder an das gute alte Butterbrot erinnern. An der Robert-Schuman-Europaschule läuft zurzeit ein Projekt, das "Bütterken" in den Vordergrund rücken soll. Gestern ging es um die sogenannte Schiebewurst.

 Eine Scheibe Brot, Margarine und eine Scheibe Salami – fertig ist die Schiebewurst. Schüler der Robert-Schuman-Europaschule lernten gestern dieses Nachkriegszeit-Butterbrot kennen.

Eine Scheibe Brot, Margarine und eine Scheibe Salami – fertig ist die Schiebewurst. Schüler der Robert-Schuman-Europaschule lernten gestern dieses Nachkriegszeit-Butterbrot kennen.

Foto: Kaiser

Heute greifen viele Schüler lieber zu Brötchen, Baquette, Sandwich oder Croissant. Wie Maksim Gerstenberger von der 8e der Willicher Robert-Schuman-Europaschule. "Meistens hole ich mir in der Mensa ein Sandwich", sagt er. Dabei arbeitet der 16-Jährige gerade mit seinen 28 Klassenkameraden an einem Projekt, bei dem es um "Bütterken" geht, zu Deutsch um die Butterbrote.

"Wir möchten, dass sich die Schüler wieder an das gute alte Butterbrot erinnern", sagt Kunstlehrerin Ute Nießen. Gemeinsam mit der Anrather Künstlerin Beate Krempe beschäftigten sich die Achtklässler derzeit damit und wollen beim "Tag des Butterbrots" am 25. Juni die Ergebnisse präsentieren und dann auch mit Bauchläden voller Schnitten andere Klassen auf den Geschmack bringen.

Gestern im Kunstraum ging es um die "Schiebewurst": Vor den Schülern lag eine große Brotscheibe mit einer kleinen Scheibe Salami obendrauf. In den Zeiten der Armut und Knappheit wurde die Wurst nach jedem Bissen ein Stück weitergeschoben und dann mit den letzten Bissen erst gegessen. Christoph Macke (75) von den Heimat- und Geschichtsfreunden Schiefbahn sprach dabei vor den Schülern von den Nachkriegsjahren, als sein Vater Heinz, Arzt und Geburtshelfer, anstelle von Geld lieber Brot, Wurst und Butter für seine Familie haben wollte. Macke erinnerte an die Zeit, als es noch in allen Pfarren Bittprozessionen gab, bevor das Korn heranreifte, oder die Menschen auch noch viele Jahre später auf den Brotlaib mit dem Messer das Kreuzzeichen machten, als Dank für das tägliche Brot.

Auf einer Wäscheleine hingen Butterbrottüten, die die Schüler mit Redensarten beschriftet hatten, wie "Alles in Butter", "Butterbrot macht Wangen rot" oder zeitgemäßer mit "Ich muss nur noch kurz das Brot retten..." Und Ute Nießen erklärte ihnen einige Redewendungen: "In Lohn und Brot stehen" heißt Arbeit haben, "Kleine Brötchen backen" sich nicht viel leisten können oder "Lieber ein Brot im Sack, als eine Feder am Hut": lieber etwas Brauchbares in Reichweite als Luxus, an den man nicht herankommt.

"Meinte Mutter schmiert mir regelmäßig noch das Schulbrot und es schmeckt", sagten übereinstimmend Cüneyd Lauer (13) und Tim Holtmann (14). Einige Mädchen, die das Schiebebrot mit der Salami vor sich hatten, waren da etwas anderer Ansicht. "Ich mag keine Butter, sondern nur Margarine", sagte eine. Und die 14-jährige Vegetarierin Celine saß am offenen Fenster und kommentierte: "Ich kann den Geruch der Salami nicht ab."

Jedenfalls lernten die Schüler auch, das restliche Brot nicht einfach wegzuwerfen: Dominik, Luca und Niklas machten daraus kleine Salami-Brotstücke, die sich nach der Kunststunde nebenan im Foyer anderen Schülern anboten. Dort feierte man gerade den Afrika-Tag. Das Projekt geht weiter. Auch ein Video-Dreh darüber ist geplant.

(wsc)
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