Duisburg 540 Polizisten bei Rocker-Razzia

Duisburg · Die niederländische Rockerbande Satudarah ist ab sofort in ganz Deutschland verboten. In Aachen und Duisburg wurden gestern Morgen Vereinsheime durchsucht. Waffen wurden sichergestellt. Festnahmen gab es zunächst nicht.

Im Morgengrauen schlägt das Spezialeinsatzkommando zu. Um kurz nach sechs Uhr stürmen mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten das Vereinsheim der aus den Niederlanden stammenden Rockerbande Satudarah in Duisburg. Die Beamten treffen nicht auf Widerstand. Sie beschlagnahmen Rockerkutten, Vereinsvermögen und tragen T-Shirts und Poster mit dem Satudarah-Symbol, dem doppelköpfigen Indianer mit je einem schwarzen und weißen Kopf mit rotem Zopf, aus dem Gebäude. Festgenommen wird niemand. Zeitgleich finden Durchsuchungen in Bremen, Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen statt.

Schwerpunkt der Razzia war aber NRW, wo neben Wohnungen und Vereinsgebäuden in Duisburg auch Objekte in in Kamp-Lintfort, Aachen, Essen und Würselen durchsucht wurden. Die 540 Polizisten, die in NRW im Einsatz waren, stellten 19 Messer, sechs Schlagstöcke, drei Schlagringe, sieben Schwerter, fünf Macheten, vier Gas- und Schreckschutzpistolen sicher. Das Spezialeinsatzkommando handelte auf Anweisung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der ein bundesweites Verbot gegen die Rockerbande "Satudarah Maluku MC" und deren deutsche Teil- und Unterorganisationen erließ. Von den Rockern gehe eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit aus, so das Bundesinnenministerium. NRW-Innenmister Ralf Jäger begrüßte die Maßnahme. Verbote von Satudarah-Chaptern seien Beleg für entschlossenes Vorgehen im Kampf gegen gefährliche Banden. "Ihre Welt besteht aus Bedrohung, Gewalt, Waffen und Selbstjustiz", so der Minister.

In NRW geht die Polizei seit Jahren hart gegen Rockerbanden vor. So wurden in den vergangenen drei Jahren bei Razzien 21 000 Personen und 7300 Fahrzeuge kontrolliert. Einzelne Chapter der Bandidos und Charter der Hells Angels sind in NRW bereits verboten worden. Darüber hinaus gilt für diese beiden Gruppierungen ein sogenanntes Kuttenverbot, das heißt, dass die Mitglieder ihre Embleme nicht mehr öffentlich tragen dürfen. "Vereinsverbote tragen entscheidend dazu bei, kriminelle Strukturen zu zerschlagen", erklärte Ralf Jäger.

Für die Satudarahs dürfte das bundesweite Verbot einem endgültigen Aus in Deutschland gleichkommen, wo sie seit 2012 vor allem in NRW vergeblich versucht hatten, Fuß zu fassen und die etablierten Banden zu verdrängen. Der Chef des Landeskriminalamtes (LKA) in Düsseldorf, Uwe Jacob, hatte bereits im Dezember vergangenen Jahres erklärt, dass im Ruhrgebiet eine Eskalation der Gewalt durch die Satudarah-Rocker vermieden werden konnte. "Satudarah ist in Duisburg erledigt", sagte der LKA-Chef vor wenigen Wochen. Deshalb werten szenekundige Ermittler das jetzige Verbot auch mehr als einen symbolischen Akt denn als einen entscheidenden Schlag gegen die Rocker, da sie ohnehin kaum noch eine Rolle spielten im Milieu. Anders als bei den Bandidos und Hells Angels, die nach ihren jeweiligen Verboten weiter im Untergrund tätig sind und nicht an Anhängern eingebüßt haben, dürften sich die Satudarahs auf absehbare Zeit aus Deutschland zurückziehen.

Die Holland-Rocker breiteten sich vor drei Jahren in Deutschland aus. Ihr erstes Vereinsheim eröffneten sie im Juni 2012 in Duisburg-Rheinhausen. Rund 300 Rocker feierten damals die Eröffnung - begleitet von einem ebenso großen Polizeiaufgebot. Den Satudarahs wird eine gewisse Nähe zu den Bandidos nachgesagt, die im Duisburger Rotlichtviertel mit dem "Fat Mexican" einen ihrer größten Vereinssitze in Deutschland haben. Die Clubs verbindet aber keine Freundschaft im engeren Sinne, sondern die gemeinsame Feindschaft mit den Hells Angels. Mit diesen lieferten sich die Satudarahs eine Reihe von Schlägereien, bei denen auch Messer und Macheten eingesetzt wurden. Auch zu Schusswechseln mit Schwerverletzten kam es des öfteren.

Doch fast noch mehr als die Rivalitäten zu anderen Motorradgangs machen den Satudarahs interne Machtspiele zu schaffen, die ebenfalls mit aller Brutalität ausgetragen werden. Der Abstieg der Holland-Rocker begann mit der Festnahme ihres Vorsitzenden Ali Osman vor etwas mehr als zwei Jahren. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Drogenschmuggel im großen Stil vor und fand eine Kalaschnikow und eine Pistole in seinem Schlafzimmerschrank. Um einer langen Haftstrafe zu entgehen, brach Osman den Kodex der Rocker, der besagt, dass man nie gegen andere Rocker bei der Polizei aussagt. Er legte ein umfassendes Geständnis ab und belastete sogar Rocker-Bosse in den Niederlanden schwer. Seine Haftstrafe wurde deshalb auf sechseinhalb Jahre abgemildert. Anschließend kam er ins Zeugenschutzprogramm. Seit seinem Verrat fehlt es den Holland-Rockern an einer charismatischen Führungsfigur.

(RP)
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