Köln Alice Schwarzer gesteht Steuerbetrug

Köln · Die Kölner "Emma"-Chefin hat nach einer Selbstanzeige 200 000 Euro Steuern für die Zinsen einer Geldanlage in der Schweiz nachgezahlt. Die Einkünfte des Schweizer Kontos hatte sie seit den 80er Jahren vor dem Finanzamt verborgen.

Das Konto in der Schweiz, auf dem Alice Schwarzer jahrelang ein kleines Vermögen vor dem deutschen Fiskus verbarg, gibt es nicht mehr. "Ich habe die Steuer für die Zinsen nachgezahlt und das Konto aufgelöst. Das Konto war ein Fehler. Den bedauere ich von ganzem Herzen", schreibt die Frauenrechtlerin und Herausgeberin der feministischen Zeitschrift "Emma" in ihrem Internetblog.

Schwarzer ging gestern in die Offensive, nachdem der "Spiegel" ihre Steuerhinterziehung und die Selbstanzeige öffentlich gemacht hatte. Wie das Magazin berichtete und Schwarzer nun bestätigt, hatte die heute 71-Jährige über viele Jahre Geld in der Schweiz gebunkert. Das dort gehortete Geld soll in Deutschland zuvor ordnungsgemäß versteuert worden sein. Schwarzer hätte aber auch die in der Schweiz auflaufenden Zinsen beim Finanzamt angeben müssen — was sie aber jahrzehntelang nicht tat. Schwarzer: "Ja, ich habe einen Fehler gemacht, ich war nachlässig."

Als Grund für die Auslands-Geldanlage gibt Schwarzer an, diese zu einer Zeit getätigt, "in der die Hatz gegen mich solche Ausmaße annahm, dass ich ernsthaft dachte: Vielleicht muss ich ins Ausland gehen." So denke sie schon länger nicht mehr. Die Geldanlage haben sich mit den Jahrzehnten "durch Zinsen und Zinseszinsen vervielfacht", weil sie nie einen Cent abgehoben habe. Schwarzer: "Es war einfach da. Zu meiner Beruhigung." Schwarzer erstattete die Selbstanzeige im vergangenen Jahr, nachdem Berichte über den Ankauf neuer Steuer-CDs durch die NRW-Landesregierung etliche Inhaber ausländischer Schwarzgeldkonten aufgeschreckt haben. Schwarzer räumt "ganz ehrlich" ein, ihr persönliches Unrechtsbewusstsein habe sich "an dem Punkt erst in den letzten Jahren geschärft".

Anders als Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der sich ab März vor Gericht wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung verantworten muss, erstattete Alice Schwarzer ihre Selbstanzeige offenbar rechtzeitig und wirksam. "Ich habe für die letzten zehn Jahre insgesamt rund 200 000 Euro Steuern nachgezahlt, plus Säumniszinsen. Der Fall ist damit auch aus Sicht der Steuerbehörde bereinigt", so Schwarzer in ihrem Blog.

Die Veröffentlichung ihrer Steuerhinterziehung und nachfolgenden Selbstanzeige führt Schwarzer auf einen "Informanten aus der Schweiz" zurück, der — wie es heiße — die Geschichte gleich mehreren Redaktionen nacheinander gesteckt habe, damit es einer sicher bringe: "Mehrere Medien hatten sich entschlossen, aus rechtlichen wie ethischen Bedenken, von einer Veröffentlichung Abstand zu nehmen. Der Spiegel allerdings mochte der Versuchung nicht widerstehen. Er pfeift darauf, dass er damit illegal handelt. Darum werde ich jetzt selber etwas dazu sagen", erklärt Schwarzer ihren Schritt in die Öffentlichkeit.

Schwarzers Anwalt, der Berliner Medienrechtler Christian Schertz, kritisierte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa die Veröffentlichung als "unerträgliche Verletzung des Steuergeheimnisses und der Persönlichkeitsrechte von Alice Schwarzer". Eine korrekte Selbstanzeige könne durch "offenbar nicht zu verhindernde Denunzierungen und Durchstechereien" zu einem "medialen Tsunami für den Betroffenen" führen, so Schertz gegenüber der Agentur. Alice Schwarzer betrachtet die Spiegel-Berichterstattung offenbar als Rufmord, der politisch motiviert sei: "Es gibt Fehler, die kann man nicht wieder gutmachen. Zum Beispiel Rufmord. Steuerfehler aber, wie ich einen gemacht habe, kann man wieder gutmachen (Und das sieht auch das Gesetz ausdrücklich so vor). Und genau das habe ich getan", schreibt Schwarzer in ihrem Blog. Als Ziel der aus ihrer Sicht politisch motivierten Veröffentlichung nennt die Journalistin die von ihrer Zeitschrift "angezettelte Kampagne gegen Prostitution, wo es um Milliarden-Profite geht" und ihre Kritik am Ehegattensplitting, "mit dem Vater Staat die Hausfrauenehe mit Milliarden subventioniert".

Der frühere ARD-Wettermoderator Jörg Kachelmann, über dessen Gerichtsverfahren wegen angeblicher Vergewaltigung die Journalistin Schwarzer für die Bild-Zeitung berichtet hatte, höhnte gestern im Kurznachrichtendienst Twitter: "Als Schweizer ist es mir besonders unangenehm, Geld einer Person mit der kriminellen Energie von Frau Schwarzer im Land gehabt zu haben."

(RP)
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