Monheim„S-Bahn nach Langenfeld? — Nein!“
Als ich am Freitag um 20 vor sechs Dortmund Hauptbahnhof erreiche, bin ich sehr gespannt, was mich diesmal erwartet. Vor genau 24 Stunden habe ich schon einmal hier gestanden und vergeblich auf eine Zugverbindung nach Düsseldorf gehofft. Am Infoschalter ein bedrohlicher, schwarzer Knäuel aus Wartenden. Sieben Meter lang, fünf Meter breit. Absolut statisch. Die Schlange bewegte sich keinen Zentimeter. An der Abfahrtstafel nur Verspätungsmeldungen von Zügen, die nach und nach von der elektronischen Anzeige verschwinden. Geisterzüge. „Wenn du es bis Düsseldorf schaffst, kannst du dich irgendwie weiter bis Monheim durchschlagen“, ging es mir durch den Kopf. Wie? Darüber machte ich mir in diesem Moment keine Gedanken. „Bloß irgendwie nach Hause kommen.“ Doch der Regionalverkehr in NRW war bekanntlich seit Donnerstagabend stillgelegt. Nur vereinzelt fuhr mal eine S-Bahn bis Bochum, dann wieder zurück. Ich rief eine Kommilitonin an, die mich für die Nacht in ihrer Studenten-WG aufnahm. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung wehte „Kyrill“ gleich mehrfach Dachpfannen von Häusern. Mit lautem Krachen zerbarsten sie, ein paar Meter vor meinen Füßen. Kein gemütlicher Anblick. Doch was half es? Ich musste schließlich weiter. Und die Straßenbahnen standen unbeweglich auf ihren Gleisen, hell erleuchtet, warnblinkend. Die Fußgängerzonen wie leergeräumt. Inzwischen ist es Freitag abend. Der Sturm ist vorbei. Trotzdem rollt der Zugverkehr nur zögerlich an. Laut Fahrplan — das klingt im aktuellen Chaos wie Hohn — müsste in fünf Minuten der NRW-Express über Essen, Mülheim an der Ruhr und Duisburg abfahren. Was natürlich illusorisch ist. Mit viel Glück, eher zufällig, entdecke ich vom Bahnsteig aus einen anderen Regionalexpress nach Düsseldorf. Er steht „abfahrbereit“ auf einem der Nachbargleise. Als er um 17.49 Uhr endlich anrollt, hat er bereits eine dreiviertel Stunde Verspätung. Die Fahrt verläuft ruhig und recht zügig. Nur einmal, in Düsseldorf-Wehrhahn, bleibt der Zug einige Minuten stehen, obwohl ein Halt dort nicht vorgesehen ist. Als ich nach 20 Uhr Düsseldorf Hauptbahnhof erreiche, stehen auf der Abfahrtstafel keine Züge. 20 Minuten warte ich am Infopoint, um zu erfahren, dass keine S-Bahnen nach Langenfeld fahren. Ich rufe meine Eltern an und lasse mich abholen. Auf dem Weg zum Treffpunkt fällt mir auf, wie verlassen die Innenstadt wirkt. An der Kö kaum Passanten, auch auf der Steinstraße fast kein Verkehr. Als ich kurz vor neun, es ist der Vorabend meines 33. Geburtstags, wohlbehalten zu Hause eintreffe, empfinde ich die Geborgenheit der schützenden vier Wände wie ein Geschenk.