Atelierbesuch bei Kate Waters

Die britische Künstlerin lebt seit den frühen 90er Jahren in Düsseldorf. Nun stellt sie ihre großformatigen, fotorealistisch anmutenden Gemälde in der Galerie Voss aus. Neben Ölbildern sind dort auch romantische Tuschezeichnungen zu sehen.

Wenn sie in ihrem Hinterhof-Atelier in Derendorf arbeitet, läuft nonstop der englische Radiosender BBC. Und sobald sie Worte, Sprachfetzen oder kluge Sätze hört, die sie elektrisieren, dann notiert Kate Waters sie in ihrem schwarzen Buch. Aus dieser Sammlung tagesaktueller politischer und kultureller Sentenzen schöpft die in Kanada geborene Britin die oftmals ironischen, mehrdeutigen Titelideen für ihre Bilder. Denn auch die Sujets ihrer Malerei sind durchaus real: Es sind Menschen im Restaurant oder im Hundesalon. Oder solche, die in stiller Ehrfurcht vor einem Monumentalgemälde im Museum verweilen oder aber in der Nacht an einem hell erleuchteten Schaufenster einsam vorbei gehen.

Kate Waters schaut genau hin und erfasst das Leben, alltägliche Szenen und Stimmungen um sie herum kaleidoskopartig wie in einem gemalten Tagebuch. Ihre jüngste Ausstellung in der Galerie Voss trägt denn auch den Titel "The Air That I Breathe" ("Die Luft, die ich atme"). Was auf den ersten Blick wie fotorealistische 3-D-Bilder wirkt, sind in Wirklichkeit minutiös bemalte Leinwände – voller Licht und Stimmung. "Grundlage meiner Malerei sind auf Reisen beiläufig entstandene Fotografien", erzählt die 47-jährige, seit 1991 in Düsseldorf lebende Künstlerin.

Die Fotos seziert sie, reduziert sie auf ihre Essenz und macht daraus Collagen. Anschließend projiziert sie die Motive auf die Leinwand, übermalt sie akribisch Schritt für Schritt immer und immer wieder, spürt Licht und Farbspuren auf, setzt eigene Akzente, betont Effekte, verstärkt Verspiegelungen – und sieht so Dinge, die man sonst nicht sieht. Schon während des Studiums hat sich die Tochter eines Londoner Geologen viel mit Fotografie und vor allem Siebdruck beschäftigt. Doch erst als sie ihrem Mann Dag (er ist auch Maler) nach Düsseldorf folgte und nicht mehr die großen Druck-Maschinen zur Verfügung standen, hat sie sich auf die Malerei konzentriert.

Dabei benötigen die großformatigen Bilder ("die Höhe des Türrahmens ist mein Gardemaß") reichlich Zeit. Sie sind nicht nur formal vielschichtig, sondern jedes von ihnen erzählt seine eigene farbenprächtige Geschichte. Muten Kate Waters' Werke als Abbilder der Realität an, entlarvt man das Dargestellte bei genauem Hinschauen als Traum und Illusion. So deutet der Titel "Cheatin' Hearts" nicht nur auf ein beliebtes Thema in amerikanischen Country-Songs hin, sondern lenkt auch auf die Zerbrechlichkeit des amerikanischen Traumes und jene "betrogenen" Beteiligten hin, die in der Fremde das vollkommene Glück suchten.

Voyeurismus erscheint hier zielgerichtet und ergibt eine immer wieder andere Kulisse. Dass diese unterschiedlichen Kulissen uns Einblicke in das Leben anderer Menschen bieten, macht die bewegte Bilderwelt von Kate Waters so anziehend. Beim Betrachten der Gemälde teilt man die Beobachtungen der Künstlerin und atmet die gleiche Luft wie sie.

Kate Waters kennt die Orte, die sie malt, sie hat als Kind in Kanada gelebt, ist mitten in der Natur in den Rocky Mountains groß geworden. In Brüssel ist sie als Teenager auf die Internationale Schule gegangen, lange hat sie in ihrer Heimat London gelebt, und heute reist sie viel – am liebsten in europäische Länder. Die Mutter der 14 Jahre alten Tochter Pearl, thematisiert in ihren Arbeiten Patriotismus, Freundschaft, Familie, Kommunikation und Entfremdung, führt Klischees vor, amüsiert sich über die Freizeitkultur der Gegenwart ("Forever Young"), zeigt Menschen, die Tag für Tag an uns vorbeieilen.

Neben den bis zu 25 000 Euro teuren Ölbildern präsentiert die Galerie Voss auch eine kleine Serie neuer Tuschebilder. Diese Straßenszenen fallen durch ihre braun-beige Tonigkeit besonders ins Auge. Mit ihrem Hauch von Romantik wirken sie wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit und berühren einen umso mehr.

(RP)
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