Essen/Düsseldorf Babette Albrechts persönliche Abrechnung vor Gericht

Essen/Düsseldorf · Zum heutigen Urteil gegen Helge Achenbach wird Milliardärswitwe Babette Albrecht nicht erscheinen, obwohl sie die entscheidende Person im ganzen Prozess ist: Denn die 55-Jährige hat mit ihrer 24-seitigen Strafanzeige gegen Helge Achenbach im April 2014 dafür gesorgt, dass er am 11. Juni 2014 am Flughafen Düsseldorf verhaftet wurde. Sie ist im Prozess selbstbewusst als wichtigste Zeugin aufgetreten - bei ihrer Vernehmung am 15. Januar vermied sie den Blickkontakt zum Angeklagten.

Dabei hat die Witwe des am 26. November 2012 gestorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht mit Achenbach eine persönliche Rechnung zu begleichen. Zwar freute sie sich, als ihr Mann mit Unterstützung von Achenbach für knapp 50 Millionen Euro mehr als ein Dutzend Kunstwerke zusammenkaufte. Geld spielte keine Rolle: Das Bild "London Tower Bridge II" von Oskar Kokoschka (950 0000 Euro) wurde beispielsweise auch gekauft, weil einige ihrer fünf Kinder gerade englische Internate besuchten.

Auch mit dem Kauf einer Oldtimer-Sammlung für rund 70 Millionen Euro hatte Babette Albrecht keine grundsätzlichen Probleme: Bisher hat sie keinen der Wagen wieder abgegeben, in einem BMW Coupé, Baujahr 1940, fuhr sie 2013 die Oldtimer Rallye "Mille Miglia".

Aber als Babette Albrecht von der Berenberg Bank Ende 2013 erfuhr, dass Achenbach den Milliardär Christian Boehringer um 1,2 Millionen Euro betrogen hatte, ließ sie die Käufe durchleuchten: Die renommierte Kanzlei Heuking Kühn Löer Wojtek ermittelte eine Reihe von möglichen Betrügereien durch Achenbach.

Die Witwe forderte in der Strafanzeige aber nicht nur Ermittlungen gegen den Kunstberater, sondern legte auch die sofortige Inhaftierung nahe. Achenbach habe internationale Kontakte und Vermögen im Ausland, lautete die Begründung. Das überzeugte - nun sitzt er schon neun Monate.

Wut auf Achenbach und Liebe zu ihrem Mann sind wohl Babette Albrechts Motive. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen betrauerte sie den Tod ihres Mannes Berthold: "Bleibe niemand etwas schuldig, nur die Liebe schuldet ihr einander immer."

"Sie waren wie die Hyänen" sagte Babette Albrecht dagegen wütend vor Gericht, als sie erzählte, dass der Kunstberater und seine Partner ihrem Mann noch kurz vor dessen Tod überteuerte Ferraris für mehr als zehn Millionen Euro aufdrängten, obwohl klar war, dass der 58-Jährige schwerkrank war. Sie hatte der Kammer aber auch erzählt, wie die Ehepaare Albrecht und Achenbach sich über drei Jahre kennenlernten, wie Achenbach die Albrechts auf Kunstmessen mitnahm, wie oft er sie in sein Restaurant Monkeys einlud. "Babette glaubt, dass Achenbach das enge Verhältnis zu Berthold vorrangig aufbaute, um Kasse zu machen", glaubt ein Kenner der Aldi-Familie, "auch wegen dieses Verrats hat sie ihn angezeigt."

Fast unstrittig ist ihre Aussage, dass Achenbach ihren Mann bei vielen Kunstkäufen betrogen hat, weil er neben der Provision von fünf Prozent des Preises überhöhte Einkaufspreise abrechnete - das hat der Kunstberater selbst weitgehend eingeräumt. Die große Frage für das Urteil ist, ob das Gericht in einem Punkt Babette Albrecht glaubt: Sie erklärte, es habe für die Vermittlung der Oldtimer eine feste Provision von drei Prozent gegeben. Das habe ihr Achenbach gesagt. Staatsanwältin Valeria Sonntag glaubt dies und verwies im Plädoyer darauf, dass bei den Oldtimer-Rechnungen meist drei Prozent Aufschlag abgerechnet wurden. Zusätzlich manipulierte höhere Einkaufspreise seien klar Betrug gewesen.

Achenbach sagt dagegen, die Provision sei nur eine Bearbeitungsgebühr gewesen, er habe die Preise der Wagen frei kalkulieren dürfen. "Glaubt das Gericht der Witwe, kriegt Achenbach wie gefordert bis zu sieben Jahre Haft", sagt ein Jurist, "zweifelt das Gericht an ihrer Aussage, hat er viel bessere Karten."

(RP)
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