Besuch in Kölns neuer Moschee

Der modernste Moscheebau Deutschlands soll in Köln im Mai 2012 feierlich eröffnet werden. Nachdem es beim Beginn der Planungen massive Proteste gab, hat sich die Kritik mittlerweile gelegt. Woran liegt das? Ortstermin in Köln-Ehrenfeld.

Köln Die ersten Gläubigen beten in der neuen Kölner Zentralmoschee bereits gen Mekka. Bis zur endgültigen Fertigstellung treffen sich Muslime derzeit noch in einem provisorisch eingerichteten Nebenraum. Schon in wenigen Monaten soll sich das ändern. "Nach derzeitiger Planung können wir im Mai nächsten Jahres Eröffnung feiern", sagte Ayse Aydin, Sprecherin des Ditib-Dachverbands in Deutschland. Das Bauwerk wird dann die modernste und avantgardistischste Moschee in Deutschland sein.

Die Baustelle ist mit einem einfachen Bauzaun von der Straße abgetrennt. Schmierereien hat es bislang nicht gegeben – und das macht Josef Wirges, den Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld, stolz. "Es ist uns gelungen, Ängste und Ressentiments abzubauen. Das ist jetzt auch unsere Moschee", sagt der SPD-Politiker. "So denken jedenfalls die meisten hier."

Das war nicht immer so. In den ersten Informationsveranstaltungen über die Pläne der Türkisch Islamischen Union (Ditib) machten Rechtspopulisten Stimmung gegen den Moscheebau. Auch in den bürgerlichen Parteien gab es Kritik an dem Monumentalbau. Der Vorsitzende der CDU in der Bezirksvertretung Ehrenfeld sorgte mit seinem Wechsel zur extremistischen Partei Pro Köln für Schlagzeilen. Die Domstadt, die gern damit wirbt, offen und tolerant zu sein, drohte zum Aufzugsort von rechten Islam-Gegnern zu werden.

Die Gefahr scheint vorerst gebannt. Woran liegt das? Josef Wirges, der seit 31 Jahren Politik in Ehrenfeld macht, zeigt auf die Minarette. "Die Türme sind nicht begehbar", erklärt der Bezirksbürgermeister. "Der Ruf des Muezzins wird auch nicht über Lautsprecher nach außen übertragen. So kann sich niemand belästigt fühlen", sagt der Politiker.

In Köln bezeichnet man die geräuschlose Beilegung von Konflikten gern als "kölsche Lösung". Eine solche wurde auch bei den umstrittenen Proportionen gefunden. Nachdem der Schriftsteller Ralph Giordano die "Gigantomanie" des Bauwerks kritisiert hatte, wurden die Pläne leicht abgespeckt. Zugleich wurde ein Beirat gegründet, dem bis heute der frühere Oberbürgermeister Fritz Schramma angehört. Der CDU-Politiker erklärte, die Minarette ließen sich auch als "zum Gebet erhobene Hände" interpretieren.

Eine kölsche Lösung ist darüber hinaus beim Konflikt mit den Nachbarn in Sicht. Der Moscheebau grenzt an eine städtische Sportanlage. Vereine wie Eintracht Köln befürchten, dass ihnen die Muslime bei Großveranstaltungen die Parkplätze streitig machen. Der Gebetsraum ist für 1200 Gläubige ausgelegt. Als Zeichen des guten Miteinanders will Ditib sich nun an den Kosten für einen Kunstrasen beteiligen.

Zur Akzeptanz des türkisch-muslimischen Verbands trägt zudem bei, dass die Mitglieder mit Islamisten nichts im Sinn haben. NRW-Innenminister Ralf Jäger organisierte gemeinsam mit Ditib in der Duisburger Moschee eine Veranstaltung mit dem Titel "Wir oder die Scharia". Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes bekräftigt, Ditib arbeite islamistischen und extremistischen Tendenzen aktiv entgegen. Der Kölner Dachverband bietet beispielsweise Beratungsangebote für Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat und bei Scheidungen an. Ein Konferenz-Zentrum, das zur Mantelbebauung gehört, soll "der interreligiösen und der interkulturellen Begegnung dienen", erklärt Ditib-Sprecherin Ayse Aydin. Nordrhein-Westfalens Staatssekretärin für Integration, Zülfiye Kaykin (SPD), ist sich sicher: "Diese Moschee wird in architektonischer und ästhetischer Hinsicht ein Schmuckstück für Köln sein. Ein derartig repräsentativer Sakralbau bietet selbstverständlich vielfältige Möglichkeiten des Dialogs."

Zur Eröffnung im nächsten Jahr sollen höchste Repräsentanzen aus der Politik nach Ehrenfeld kommen. So wird zum Beispiel Bundespräsident Christian Wulff als Gast der Feier in Köln gehandelt. Für die Türkei könnten Premier Recep Tayyip Erdogan oder auch Staatspräsident Abdullah Gül teilnehmen. "Auch der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner wäre ein willkommener Gast", sagt Ditib-Sprecherin Aydin.

Bezirksbürgermeister Wirges ist sich schon jetzt sicher, dass die Moschee künftig – nach dem Kölner Dom – zu einem weiteren Wahrzeichen der Rhein-Metropole wird. Den ersten Schritt hat er selbst veranlasst. Das muslimische Gotteshaus ziert den Karnevalsorden des Bezirksamts.

(RP)
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