Düsseldorf BKA für härteres NRW-Polizeigesetz

Düsseldorf · Als Lehre aus dem Fall Anis Amri sollten Gefährder besser überwacht werden.

Um gegen islamistischen Terror besser vorzugehen, sollten NRW und auch Berlin in ihren Polizeigesetzen erlauben, dass die Kommunikation sogenannter Gefährder wie in mehreren anderen Bundesländern digital überwacht wird. Das erklärte Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), gestern vor dem Untersuchungsausschuss des NRW-Landtages zum Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri. Ziel eines neuen Polizeigesetzes müsse sein, dass die Polizei bei Gefährdern einerseits den Telefonverkehr überwache, aber auch Smartphones und Computer so kontrollieren könne, dass Kommunikation vor einer möglichen Verschlüsselung erfasst werde.

Im Gespräch mit unserer Redaktion wies Münch auf die Abläufe im Fall Amri hin. Man habe ihn zwar vergangenes Jahr bis September überwacht, weil die Staatsanwaltschaft Berlin dem Verdacht nachging, dass Amri einen Anschlag plane. Doch nachdem diese Ermittlungen kein Ergebnis gebracht hätten, hätte man den Tunesier nicht mehr digital kontrollieren können - möglicherweise einer der Gründe, warum man dann die Vorbereitung des Anschlages am 19. Dezember mit zwölf Toten nicht mitbekam.

Auch beim europäischen Datenaustausch gab es massive Probleme. So habe die sogenannte Eurodac-Anfrage bei Amri keinen Treffer ergeben, obwohl er in Italien straffällig geworden sein soll, sagte Weise. In der Eurodac-Datenbank sollen die Fingerabdrücke straffällig gewordener Flüchtlinge gespeichert werden.

Welche Lehren aus dem Fall gezogen werden müssten, werde sich erweisen, wenn die Aufarbeitung abgeschlossen sei. Mit dem Gutachten des von der Landesregierung beauftragten eigenen Experten rechnet Kraft weiterhin bis Ende März. Die Rücktrittsforderungen der Opposition seien "nicht sachgerecht".

Indirekt stützte BKA-Chef Münch auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Zur Einschätzung der FDP, Jäger habe versagt, weil er Amri nicht wegen seiner vielen kleineren Straftaten vor Gericht gebracht hatte, meinte Münch, ein solches Sammelverfahren sei sehr kompliziert. Darum sei es noch nie durchgeführt worden. Er habe Zweifel, ob die Vorwürfe gegen Amri inklusive Urkundenfälschung ausgereicht hätten, um ihn ins Gefängnis zu bringen. Für die Zukunft plädierte Münch aber dafür, solche Sammelverfahren gegen Gefährder zu prüfen.

Münch warnte unterdessen auch vor zunehmender islamistischer Gewalt hierzulande. Aktuell gehe das BKA von 602 Gefährdern in Deutschland aus, von denen die Hälfte im Ausland sei und rund 100 in Haft. In Nordrhein-Westfalen seien 210 Gefährder.

(RP)
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