Düsseldorf Bußgelder: 345 Millionen Euro für Städte

Düsseldorf · Angesichts der vielerorts angespannten Haushaltslage wird die Verkehrsüberwachung für die Städte zu einer immer wichtigeren Einnahmequelle. 2013 nahmen die Kommunen einen dreistelligen Millionenbetrag an Bußgeldern ein.

Wenn Pit Clausen mit seinem Dienstwagen an der Radar-anlage am Bielefelder Berg vorbeifährt, wird er sich vermutlich jedes Mal gedanklich auf die Schultern klopfen. Für den SPD-Oberbürgermeister von Bielefeld ist der "Blitzer" eine der wichtigsten Einnahmequellen. "Der spült ganz schön was in unsere klamme Stadtkasse", sagt seine Sprecherin Gisela Bockermann. "Das ist uns sehr recht, sonst würden wir lügen." Im vergangenen Jahr nahm die kreisfreie Stadt in Ostwestfalen nach eigenen Angaben 13,2 Millionen Euro an Bußgeldern ein, den Großteil davon durch die Radarfalle am Bielefelder Berg. Das Land gibt sogar eine Summe von 43,7 Millionen Euro an.

Landesweit kassierten die Städte und Kommunen 2013 rund 345 Millionen Euro an Bußgeldern - Tendenz steigend. Rund 285 Millionen Euro der Einnahmen (85 Prozent) stammen aus Ordnungswidrigkeiten wie der Verkehrsüberwachung. Im ersten Halbjahr 2014 sind bereits 170 Millionen Euro in die klammen Kommunalhaushalte geflossen. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion hervor.

"Solange die Finanzprobleme der Städte nicht gelöst sind, sehen sie oftmals keine andere Möglichkeit, als die Haushalte über Bußgeldeinnahmen und Steuererhöhungen zu entlasten", sagt der CDU-Landtagsabgeordnete André Kuper. "Die Zahlen machen deutlich, dass die rot-grüne Kommunalfinanzpolitik den Städten keine andere Wahl lässt, als über Einnahmen durch ,Knöllchen' die Finanzierung der Kommunalhaushalte zu sichern", betont Kuper. Die mangelhafte Finanzausstattung durch das Land, wie aktuell bei der Erstattung von Flüchtlingskosten zu sehen sei, befeuere die Steigerung der Bußgeldeinnahmen, sagt Kuper.

Doch nicht in allen Rathäusern spricht man es so deutlich aus wie in Bielefeld, dass man sich über die Einnahmen aus den Radarfallen freut. "Das Geld ist nur ein Nebeneffekt. Durch die Messstellen wird der Verkehr sicherer", betont ein Ordnungsamtschef einer Ruhrgebietsstadt. Die Blitzgeräte seien keine Abzocke am Bürger. "Wir würden uns mehr freuen, wenn sich alle an die Geschwindigkeit hielten."

Den kommunalen Spitzenverbänden zufolge spielen die Bußgeldeinnahmen keine große Rolle für den Haushalt. "Das ist nur ein sehr geringer Posten. Damit kann man nicht den Haushalt konsolidieren", betont Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund NRW. Die Gelder könnten aber punktuell helfen. "Damit können neue Bücher für eine Bibliothek angeschafft oder Fenster in Schulen repariert werden", sagt Lehrer.

In einigen Städten waren die Bußgeldeinnahmen 2013 auch rückläufig. So sank die Zahl in Geldern von 226 232 (2012) auf 198 860 Euro (2013). Ähnliche Rückgänge verzeichneten auch Grevenbroich und Grefrath. Der Großteil der 396 Städte und Gemeinden nahm jedoch deutlich mehr Geld ein. Besonders hoch ist der Anstieg in Kamen, wo die Einnahmen innerhalb eines Jahres von 73 269 auf 199 067 Euro stiegen. Die Stadt Kamp-Lintfort kassierte mit 318 947 Euro ein Drittel mehr als noch im Jahr davor.

Die Radaranlage am Bielefelder Berg gilt seit ihrer Aufstellung im Jahr 2008 als eine der bundesweit erfolgreichsten. Mehr als eine halbe Milliarde Verfahren wurden bis Jahresende 2013 gegen Temposünder eingeleitet. Ein Drittel der Einnahmen fließe aber in Technik und Verwaltung, heißt es bei der Stadt.

(RP)
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