Düsseldorfer Landtag Eine Friseurin zwischen Goldstaub und Ministerpräsidenten

Düsseldorf · Auf ihrem Stuhl saßen sie alle, von Jürgen Rüttgers bis Hannelore Kraft. Seit über 30 Jahren schneidet Brigitte Pehlke Politikern die Haare. Jetzt verabschiedet sich die Friseurin von ihrem Salon direkt im Düsseldorfer Landtag.

Düsseldorfer Landtag: Eine Friseurin zwischen Goldstaub und Ministerpräsidenten
Foto: dpa, mg

Tampons, Slipeinlagen und Strumpfhosen liegen fein sortiert in einem Glasschrank. Im Hintergrund läuft deutscher Schlager. "Das ist für den Notfall", sagt Brigitte Pehlke. "Stellen sie sich vor, einer Abgeordneten reißt die Strumpfhose. Wenn sie dann mit einer Laufmasche aufs Podium müsste, das wäre doch doof." Normalerweise haben die Abgeordneten, die zu der 65-Jährigen kommen, allerdings ein anderes Anliegen: ihre Haare.

Brigitte Pehlke ist Friseurin im NRW-Landtag. Seit fast 35 Jahren schneidet sie in ihrer "Frisierstube" Politikern die Haare, jetzt geht sie in Rente. Die zierliche blonde Frau hat den Salon im Erdgeschoss des Regierungsgebäudes selbst eingerichtet, damals in den 1980er Jahren. Pehlke entschied sich für schlichte beige Möbel.
"Weiß, das war mir einfach zu steril." Die Tapete an den Wänden glitzert Gold. In all den Jahren hat sie dort nichts verändert. Sogar die Fotos der Frisurenmodelle an der Wand wirken wie aus einer anderen Zeit. "Warum sollte man was ändern?", fragt sie. In ihrer "Frisierstube" sei alles zweckmäßig.

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers war Stammkunde

Mit lilafarbenen Gummihandschuhen rührt sie hinter einem Vorgang in einer kleinen Kabine Farbe an, für eine Stammkundin. "Ich komme seit 30 Jahren zu Frau Pehlke", sagt Anneliese Lethen während sie vor einem großen Spiegel auf ihren Haarschnitt wartet. Früher arbeitete Lethen im Petitionsausschuss des Landtags. Mittlerweile ist sie in Rente, doch an ihre Haare lässt sie nur Brigitte Pehlke. Die Friseurin hat viele treue Kunden, einer war der ehemalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). "Der kam ausschließlich zu uns in die Frisierstube", erzählt sie. Rüttgers sei immer ganz besonders pünktlich gewesen. Über Politik habe sie aber selten mit ihm gesprochen. "Die Politiker wollen sich hier einfach mal entspannen."

Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kommt ab und zu vorbei, erst vor kurzem sei sie kurzfristig dagewesen. "Die hat aber wohl auch einen Friseur bei sich zu Hause, wo sie immer hingeht." Sie komme vor allem zu Pehlke, wenn es mal wieder brennt. "Wenn sie schnell die Haare geföhnt haben muss, vor einem wichtigen Termin oder so." Nervös ist Pehlke dann allerdings nicht.

Düsseldorfer Landtag: Eine Friseurin zwischen Goldstaub und Ministerpräsidenten
Foto: dpa, mg

Schon bevor sie ihren Salon im Landtag hatte, arbeitete sie als Frisörin im Wirtschaftsministerium und hatte mit Politikern zu tun. Damals musste sie manchmal schnell hoch ins Büro kommen und dort frisieren. Das sei schon aufregend gewesen, aber heute kommen die Abgeordneten runter zu ihr, ins Erdgeschoss in ihre "Frisierstube".

Externe Kunden müssen durch die Sicherheitskontrolle

Doch auch, wer nicht im Landtag arbeitet, kann in den Salon kommen - allerdings erst nach einer Sicherheitskontrolle am Eingang. Pehlke muss externe Kunden beim Pförtner anmelden. Wer sich regelmäßig die Haare bei ihr schneiden lässt, bekommt aber eine Besucherkarte und muss nicht durch die Sicherheitsschleuse.

In ihren letzten Tagen im Salon wird Pehlke nicht wehmütig. Es ist ein langsamer Abschied. Donnerstags und freitags wird sie noch Termine annehmen. "Da kann man sich noch extra für mich anmelden." Und dass ihre Stammkunden dieses Angebot nutzen werden, glaubt man gerne. Während Pehlke schneidet und frisiert, klingelt immer wieder das Telefon. "Frau Pehlke, für Sie", ruft ihre Kollegin Beate Hanßen dann durch den kleinen Salon.

Wenn Pehlke geht, wird Hanßen das Ruder übernehmen. Auch sie arbeitet schon seit 20 Jahren als Friseurin im Landtag. Doch was wird sich ändern, wenn Brigitte Pehlke weg ist? "Frau Hanßen wird einen Computer anschaffen", sagt Pehlke. Denn so etwas gibt es in der Frisierstube noch nicht. Termine werden hier noch mit Zettel und Stift koordiniert. Doch die alten Möbel, die Notfallstrumpfhosen und der Goldstaub an den Wänden - all das wird bleiben.

(lnw)
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