Kamp-Lintfort Eine Radtour mit der Familie

Kamp-Lintfort · Experten geben Tipps, wie man eine Tour plant, was Kinder schaffen können und wie Eltern sie bei Laune halten. Zum Beispiel sollten Familien darauf achten, größtenteils abseits von vielbefahrenen Straßen zu bleiben.

Simon H. fährt mit dem Rad zur Schule, er kauft damit Futter für seine Haustiere ein, fährt seine kleine Katze spazieren und unternimmt am Wochenende ausgiebige Rad-Touren mit seiner Familie. Auch in den Urlaub geht es meist auf zwei Rädern. Strecken von 70 Kilometern am Tag bereiten dem Elfjährigen keine Schwierigkeiten: "Laufen ist nicht so meins, das ist viel anstrengender", sagt der Fünftklässler. "Mit dem Fahrrad geht alles schön schnell. Da merke ich gar nicht, wie viel ich strampele." Unterwegs mit dem Fahrrad erlebten er und seine Familie viele Abenteuer. "Wir treffen immer nette Leute, werden ab und zu auf ein Stück Kuchen oder eine Limo eingeladen."

Familie H. aus Kamp-Lintfort ist durch und durch fahrradbegeistert. Mutter Susanne hat drei Räder, der Tacho ihres Tourenrads zeigt fast 18 000 Kilometer an - sie besitzt das Rad seit 17 Jahren. Das sind mehr als 1000 Kilometer im Jahr oder drei bis vier am Tag. "Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich das Rad nicht nutze", sagt sie. "Am Niederrhein gibt es so schöne Strecken." Im Norden von Kamp-Lintfort liegt Xanten, im Westen Geldern, im Süden liegen Moers und Neukirchen-Vluyn. Nach Osten geht es über Rheinberg und Orsoy und per Fähre über den Rhein, dann entlang des Rheins nach Wesel, über die Rheinbrücke wieder zurück nach Kamp-Lintfort. Bei Familie H. treten drei Generationen in die Pedale: Oma Gisela (71) ist fast immer dabei, wenn ihre Tochter Susanne (50) und Enkel Simon losradeln. Der ältere Sohn Jonas (17) ist inzwischen nicht mehr so häufig mit von der Partie.

Als die Kinder kleiner waren, sind sie auf den Rädern ihrer Eltern mitgefahren, später wurden ihre Räder mit einem Trailer am Erwachsenenrad festgemacht. Seit die Jungs acht oder neun sind, fahren sie auch weite Strecken alleine. "Wenn die Erwachsenen das vorleben, kommt die Fahrradleidenschaft ganz automatisch", sagt Grundschullehrerin Susanne H., deren Vater Kenntnisse übers Pannenflicken und Tourenplanen an sie weitergegeben hat. Sogar bis ins Allgäu ist die Familie etappenweise geradelt.

"In der Regel sind die Eltern erstaunt, wie viele Kilometer Kinder fahren können", sagt auch Gabi Bangel vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Erwachsene würden meist denken, dass 20 Kilometer schon zu viel sind. "Bei einer Testfahrt stellen sie dann fest, dass Kinder problemlos 35 bis 45 Kilometer schaffen und nicht müde vom Rad steigen, sondern danach noch voller Energie spielen."

Wenn man als Familie noch nicht zusammen gefahren ist, aber gerne mal einen Radurlaub machen würde, sollte man deshalb unbedingt vorher gemeinsam Tagestouren unternehmen, rät die Tourismus-Expertin. "Sonst kann die Enttäuschung später groß sein, wenn man feststellt, dass man nicht gut harmoniert, wenn etwa einer wesentlich schneller unterwegs ist als der andere". Das muss zwar kein Ausschlusskriterium für einen gemeinsamen Urlaub sein, "aber dann weiß man, worauf man sich einlässt, und kann zum Beispiel Treffpunkte vereinbaren". Mit Kindern bietet sich im Vorfeld ein verlängertes Wochenende an, bei dem Kondition und Durchhaltevermögen getestet werden. Dabei darf das Kinderrad ruhig auch beladen werden. Es gelte sowohl bei den Distanzen als auch beim Gepäck: "Die Kinder bloß nicht unterschätzen." Ab acht Jahren können sie selbstständig fahren, meint Bangel.

Bei der Tourenplanung sollten Familien darauf achten, größtenteils abseits von vielbefahrenen Straßen zu bleiben: Feld- und Wirtschaftswege eignen sich gut. Über spezielle Routenplaner im Internet lassen sich Kriterien wie Familienfreundlichkeit angeben. Wichtig sei es, ausreichend Pausen zu machen und Strecken auszuwählen, die Abwechslung bieten. Ein Spielplatz am Wegesrand, ein Gelände mit Tieren, ein Freilichtmuseum. "Letztlich reicht auch eine Wiese aus, auf der sich Kinder kurz bewegen können", sagt Bangel.

Jüngere Kinder können im Kindersitz oder Anhänger transportiert werden. Dabei darauf achten, dass der Anhänger ein Netz oder eine Abdeckung hat, der vor Sonne und Insekten schützt. Der Kindersitz wird auf dem Gepäckträger befestigt, nicht am Lenker: "Das ist sicherer", sagt Bangel. Vorher sollte man kontrollieren lassen, für welches Gewicht der Träger geeignet ist.

Familie H. hat schon neue Ziele vor Augen: Simon würde gerne den Ostseeküsten-Radweg fahren, Oma Gisela zieht es nach Holland, und Mutter Susanne will in Paris mit dem Rad ankommen. Nur einigen müssen sich die Drei noch.

(RP)
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