Aachen Eltern scheitern mit Klage wegen Tod auf "Gorch Fock"

Aachen · Minuten nach dem Richterspruch war den Bökens bittere Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Mit erstarrter Miene rang sich Uwe Böken diese Worte ab: "Ich bin tief enttäuscht und ziemlich platt." Marlis und Uwe Böken hatten nach dem Tod ihrer Tochter und "Gorch Fock"-Kadettin Jenny (18) die Bundesrepublik Deutschland auf 40 000 Euro Entschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz verklagt - und verloren. Nach diesem Gesetz steht Eltern eines Soldaten eine Entschädigung zu, wenn dieser bei der Dienstausübung unter besonderer Lebensgefahr stirbt.

Jenny Böken war am 3. September 2008 aus ungeklärten Gründen über Bord des Segelschulschiffs gegangen. Die Leiche wurde später in der Nordsee gefunden. Die Eltern hatten bei dem Prozess auf Erkenntnisse zu den Todesumständen gehofft. Für die Richter ging es nur um die Frage, ob Jenny Dienst unter besonderer Lebensgefahr getan hatte.

Der Vorsitzende Richter Markus Lehmler schilderte die Ereignisse dieser Nacht nach Aktenlage: Jenny hatte Nachtwache im "Ausguck". Es gab bis zu drei Meter hohe Wellen. Jede halbe Stunde musste sie Meldung geben und rufen: "Auf der Back ist alles wohl, die Laternen leuchten." Um 23.30 Uhr blieb diese Standardmeldung aus.

Zu dieser Zeit hatte sich eine andere Kadettin für die Nachtwache fertiggemacht. Der Leutnant zur See kam in Uniform ins Gericht. Sie bestritt, die direkte Ablösung für Jenny Böken gewesen zu sein. An Deck habe sie einen Schrei gehört. "Gesehen habe ich nichts." Kurz danach der Alarm - laut Gericht um 23.43 Uhr: "Mann über Bord."

Die Marine geht davon aus, dass die "Gorch Fock" ruhig in See lag. Sie spricht von 1,5 bis zwei Meter hohen Wellen. Nach Recherchen der Eltern herrschte Windstärke sieben bei einer Wassertemperatur von 15 Grad. Sie machen dem damaligen Kapitän zum Vorwurf, dass er weder Schwimmweste noch Gurtsicherung angeordnet hatte.

Das Gericht hatte sich bei einem Ortstermin ein Bild von dem "Ausguck" gemacht, wo Jenny ganz vorne stand. Die Richter hatten die niedrige und nicht durchgehende Reling bemerkt, die Taue, über die ein junger und see-unerfahrener Mensch leicht stolpern könne, sagte Lehmler: "Das ist eine Ecke, wo man über Bord gehen kann." Trotzdem sah das Gericht keine besondere Lebensgefahr und wies die Klage ab.

(dpa)
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