Ursula Gather Enttäuschte Unis hoffen auf den Landtag

Die Chefin der Landesrektorenkonferenz kritisiert Ministerin Schulze: NRW verspiele seinen Vorteil.

Frau Professor Gather, Wissenschaftsministerin Svenja Schulze hat ihren Entwurf für ein neues Hochschulgesetz in einigen Punkten entschärft, etwa bei den Offenlegungspflichten, was externe Geldgeber angeht. Sind Sie zufrieden?

Gather Das kann man wirklich nicht sagen – der Grundtenor des Entwurfs mit seiner immensen Regelungsdichte ist ja geblieben. Das führt nur zur Stärkung der Ministerialbürokratie. Man muss sich fragen, ob so etwas noch Hochschulautonomie genannt werden kann.

Was muss sich noch ändern?

Gather Weiterhin kann das Ministerium die Hochschulen sanktionieren, indem es bereits zugewiesene Haushaltsmittel einbehält – und zwar schon dann, wenn die Hochschulen einem Informationsgesuch auch nur teilweise nicht nachkommen. Das ist völlig unangemessen, denn die Haushaltsmittel bekommen wir, um unsere gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Auch das neue Instrument der Rahmenvorgaben ist geblieben, mit denen das Ministerium in Personal- und Haushaltsangelegenheiten der Hochschulen eingreifen kann. Das Parlament soll dabei nicht beteiligt werden, und die Hochschulen haben keinen Rechtsschutz dagegen.

Seit Monaten üben Unis und FHs Kritik an diesen Plänen. Hört die Ministerin nicht auf ihre Hochschulen?

Gather In diesen Punkten ist die Stimme der Hochschulen jedenfalls nicht gehört worden, ebenso wenig wie im Grundtenor des Gesetzentwurfs. Wir können nicht erkennen, warum man uns mit Detailvorgaben an die Kandare nehmen muss.

Die Ministerin sagt, NRW bleibe das Land mit der größten Hochschulautonomie.

Gather In Bayern gibt es die Sanktionsmöglichkeit durch Mitteleinbehalt jedenfalls nicht.

Das heißt, das Land verspielt mit dem Gesetz einen Standortvorteil?

Gather Ja. Der Erhalt der Eigenverantwortung der Hochschulen würde bessere Bedingungen für die Wissenschaft sichern. In unserer Eigenverantwortung haben wir eine hohe Leistungsfähigkeit bewiesen.

Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass sich noch Grundlegendes ändert?

Gather Wir verfolgen eben das Ziel, dass das Parlament unsere Argumente aufgreift.

Dann wären ja die Grünen Ihre natürlichen Verbündeten. Auch dort gibt es deutliche Bedenken.

Gather Sinnvolle Argumente können von allen vorgebracht werden.

In den Streit um das Gesetz ist die Veröffentlichung der Bezüge von 30 Rektoren und Kanzlern geplatzt. War der Zeitpunkt Zufall?

Gather Das kann ich nicht sagen. Es ist jedenfalls bedauerlich, weil diese Auseinandersetzung von der Sache ablenkt. Niemand aus den Hochschulleitungen hat sich unrechtmäßig bereichert. Dass dieser falsche Eindruck aber entstanden ist, ist schädlich.

Die Ministerin ist für ihren Umgang mit der Veröffentlichung heftig kritisiert worden. Ist Ihr Vertrauensverhältnis jetzt zerstört?

Gather Ich möchte die Debatte nicht dadurch beschädigen, dass wir uns aus irgendwelchen Gründen nicht mehr sachlich auseinandersetzen können. Es ist nicht hilfreich, vor dem Hintergrund emotionaler Aspekte zu diskutieren.

Vertrauen Sie der Ministerin noch oder nicht?

Gather Uns geht es um die Sache, nicht um Personen.

FRANK VOLLMER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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