Toter bei Bomben-Explosion in Euskirchen Explosion ließ Scheiben bersten und Wände wackeln

Euskirchen · Die Druckwelle der schweren Bombendetonation in Euskirchen richtete großen Schaden an. Anwohner erzählen, dass die Wände ihrer Häuser zitterten. Selbst mehrere Kilometer weiter war die Explosion zu spüren. Am Samstagmorgen ist das Gebiet weiträumig abgeriegelt - es könnte Einstürze geben.

Bomben-Explosion in Euskirchen: Die Schäden
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Bomben-Explosion in Euskirchen: Die Schäden

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Es ist 13.30 Uhr, als eine gewaltige Detonation Euskirchen erschüttert. Die Druckwelle rast durch den Ort, zerstört Fensterscheiben, deckt Dächer ab, reißt Rollläden herunter. Eine Anwohnerin sitzt bei dem Unglück mit ihrem Mann auf dem Sofa, als beide den Knall hören. "Das Haus zitterte", erzählt sie. Ihr Mann habe direkt an eine Bombe gedacht. Die Haustür hat sich verzogen, beim Sohn geht ein Fenster zu Bruch.

Noch viele Kilometer entfernt ist die Explosion zu hören, etwa in Maria Laach und in Bonn. Experten der Erdbebenstation Bensberg registrieren einen Wert von 0,6 auf der Richterskala — 60 Kilometer vom Unglücksort entfernt.

Euskirchen: Ein Toter nach Bombenexplosion
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Über dem Fabrikgelände einer Recyclingfirma steigt eine schwarze Rauchsäule auf, weithin zu sehen. Auf dem Grundstück davor türmt sich Bauschutt meterhoch, darauf steht ein halb zerstörter Bagger, die Wucht der Detonation hat ihn fast auseinandergerissen. Für den 50-jährigen Baggerfahrer kommt jede Hilfe zu spät, 13 weitere Menschen werden verletzt, zwei schwer. Ein Kampfmittelexperte gehe von einer Luftmine aus, sagt Polizeisprecher Norbert Hardt. Ob sie im Schutt lag oder im Boden, weiß noch niemand. Fest steht, dass die naheliegende Bahnstrecke im Zweiten Weltkrieg — vor allem im Herbst und Winter 1944/45 — Ziel massiver Bombenangriffe war. Wobei noch geklärt werden muss, ob es sich tatsächlich um eine Weltkriegsbombe gehandelt hat.

Darüber sind sich die Experten des Kampfmittelräumdienstes noch nicht endgültig schlüssig. Experten der Kriminalpolizei haben zudem erste Ermittlungen zur Unfallursache aufgenommen. Hatte der Baggerführer die tödliche Fracht in der Schaufel? "Es kann sein, dass er nur leicht drangekommen ist", sagt Hardt. Luftminen hatten oft Aufschlagzünder. "Die Gefahr einer weiteren Explosion besteht nach derzeitigem Sachstand aber nicht", so der Polizeisprecher.

Das hohe Alter solcher Bomben — mehr als 70 Jahre — reduziert dabei nicht die Sprengkraft. Im Gegenteil: Das Detonationsrisiko ist durch Rostbefall unter Umständen erhöht. Auch bei den Zündern gibt es große Unterschiede. Einfache Aufschlagzünder gelten eher als unkompliziert und leichter zu entschärfen. Sogenannte Langzeitzünder dagegen enthalten eine Glasampulle mit Säure und sind daher hochsensibel zu handhaben. Zwar waren nur rund zehn Prozent vor allem der amerikanischen Bomben mit einem solchen Zünder ausgerüstet, sie versagten aber häufig — dementsprechend hoch ist ihr Anteil an Blindgängern.

Aber nicht deshalb haben Einsatzkräfte das Industriegebiet weiträumig abgesperrt. Die Polizei mahnt, vom Dach der Halle wegzugehen. Niemand wisse, was runterkommen kann. Vor der Halle parken Autos, von der Druckwelle zerbeult, wie nach einem Unfall. Direkt neben dem Explosionskrater steht die massiv wirkende Halle einer Spedition. "Ich saß im Büro. Das war ein gewaltiger Knall. Da kamen mir der Monitor und die Schubladen entgegen. Zuerst habe ich an ein Flugzeug gedacht", sagt ein Angestellter der Firma. Er hatte Angst, dass die Decke runterkommt. Ein Polizeibeamter sagt, dass der Zeitpunkt des Unglücks irgendwie noch Glück war. An den Brückentagen haben wohl wenige Menschen auf dem Gelände gearbeitet.

Knapp einen Kilometer entfernt, in der Euskirchener Innenstadt, sind bereits nach wenigen Stunden die Glaser aktiv. Etliche Fensterscheiben sind durch die Druckwelle zu Bruch gegangen. Ein Versicherungsvertreter, dessen Büro hinter einer großen Schaufensterscheibe liegt, berichtet kurz nach Explosion: "Ich hatte gerade ein Beratungsgespräch. Dann hörten wir den Knall und saßen plötzlich mehr oder weniger im Freien." Zuerst sei er geschockt gewesen, dann seien ihm die Beine weich geworden. Inzwischen habe er sich aber wieder gefangen, versichert er: "Die kaputte Scheibe ist kein Problem, die wird gleich ausgetauscht."

(RP)
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