Kunstsammlung NRW Der Kunstschatz aller Bürger

Vor 55 Jahren wurde in Düsseldorf die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen eröffnet. Sie gilt heute vielen als heimliche Nationalgalerie.

 Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsammlung NRW, mit demFotokünstler Andreas Gursky. Dessen Ausstellung „Andreas Gursky —nicht abstrakt“ ist noch bis zum 6. November im K 20 zu sehen.

Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsammlung NRW, mit demFotokünstler Andreas Gursky. Dessen Ausstellung „Andreas Gursky —nicht abstrakt“ ist noch bis zum 6. November im K 20 zu sehen.

Foto: Sebastian Drüen©Kunstsammlung

Einen Publikumsmagneten wie die "Mona Lisa" besitzen die Bürger von Nordrhein-Westfalen zwar nicht, aber ihre Kunstsammlung ist durchaus exquisit. Mit ikonischen Spitzenwerken von Picasso, Chagall, Kirchner, Miró, Modigliani. Mit Joseph Beuys, Andy Warhol, Katharina Fritsch, Olafur Eliasson aus der jüngeren Zeit. Mit dem Highlight des Hauses, Jackson Pollocks "Number 32", und mit der größten deutschen Sammlung von 94 Werken Paul Klees.

Im Vergleich zu anderen Kollektionen ist diese Landesgalerie zwar klein, aber sie ist fein. Von Beginn an galt beim Erwerb von Werken der Klassischen Moderne die von Gründungsdirektor Werner Schmalenbach vertretene Devise "Qualität statt Quantität". Darin liegt das Geheimnis der Güte. So spielt die Kunstsammlung mit in der internationalen Liga der Top Ten, kann sich messen am Museum of Modern Art in New York, der Tate Modern in London oder dem Pariser Centre Pompidou.

Anfang August ist die Kunstsammlung 55 Jahre alt geworden. Eine Institution im besten Alter, vom Land gehätschelt und grundsolide mit Steuermitteln ausgestattet, von ihren bisherigen Direktoren kompetent durch die Zeitläufte geführt. Drei singuläre Bauwerke mit Ausstellungsräumen und Lernorten nennt die Kunstsammlung ihr Eigen. Zentrale ist das formschöne K20 am Grabbeplatz als Ausstellungshaus für die Bilder des 20. Jahrhunderts. Zwei Kilometer südlich liegt das K 21 im ehemaligen Ständehaus, in dem die Geschichte des Landes lebendig bleibt und seit 2002 zugleich moderne Kunst ihren Platz behauptet. Drittes Haus und intellektuelles Aktionszentrum ist das unter Denkmalschutz stehende Galeriegebäude von Alfred Schmela.

In diesem von Aldo van Eyck errichteten Haus in der Altstadt finden Vorträge und Diskussionsabende statt. An den Beginn dieser Sammlungen zu erinnern, bedeutet, die Moral der Nachkriegszeit zu beleuchten. Es ging den Gründern nicht darum, Geld gut anzulegen. Das Land erwarb vielmehr die ersten 88 Werke von Paul Klee als eine späte Anerkennung und als ein Akt der Wiedergutmachung.

Die Nazis hatten den weltbedeutenden Künstler verfemt und verfolgt. Ministerpräsident Franz Meyers bekannte in seiner Eröffnungsrede 1961, dass der Staat Verantwortung trage gegenüber den schöpferischen Kräften in Geist und Kunst. In deren Werk offenbare sich das Schicksal unserer Zeit. Der CDU-Politiker mahnte, die Staatsgalerie solle ein Kristallisationspunkt des Landesbewusstseins werden.

In mehr als fünf Jahrzehnten hat sich die Welt geändert, heute will ein zeitgeistiger Kunstbetrachter auf seine Kosten kommen: der User. Maßgeblich hat die zum November scheidende Direktorin Marion Ackermann die Digitalisierung der Kunstsammlung vorangetrieben. Nicht nur die Kunstschätze werden bald alle im Netz stehen, sondern zu den Werken werden Verknüpfungen und Bezüge gestellt, Zeithorizonte eröffnet. Neben dem Schauen ist das Forschen und Lernen Ackermanns Hauptanliegen.

Ob der Museumsbesucher damit ausstirbt? Das ist eigentlich nicht zu befürchten, denn die virtuelle Reproduktion im Netz macht eher Appetit auf das Original.

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