Von damals bis heute Gelebte Geschichte

Die Rheinische Post ist ein Kind der Nachkriegszeit. Ihre Gründer waren ander Realität orientierte Optimisten, die über den Mangel der ersten Jahreweit hinaus dachten. Ein Blick auf Chancen, Risiken und Wachstum.

 Schwarz-Weiß und mit viel Handarbeit — das war der Zeitungsdruck bis in die 70er Jahre.

Schwarz-Weiß und mit viel Handarbeit — das war der Zeitungsdruck bis in die 70er Jahre.

Foto: RP-Archiv / Ulrich Horn

Am Anfang stand der Wille, für ein neues, ein demokratisches Deutschland tätig zu sein. Die "Rheinische Post" ist ein Kind der Nachkriegszeit: Zunächst geprägt von Mangel und Einschränkungen, aber auch vom Optimismus, dass nach den Verbrechen der nationalsozialistischen Diktatur und den Verheerungen des Zweiten Weltkriegs der Weg in eine bessere Zukunft möglich sei. 70 Jahre später ist daraus ein Medienhaus mit vielen Zeitungs-, Radio-, Fernseh- und Internet-Aktivitäten, mit Erfahrungen im In- und Ausland geworden.

Die RP-Gründer waren ausgewiesene Nazi-Gegner. Anton Betz, der RP-Gründungsverleger, war schon vor 1933 in Süddeutschland publizistisch tätig gewesen, war nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verhaftet und später mit einem Berufsverbot belegt worden. Nach dem Kriegsende hatte er Verbindung zu den Besatzungsbehörden aufgenommen, um beim Neuaufbau publizistisch tätig werden zu können.

Doch bis Betz mit dem Düsseldorfer Oberbürgermeister und späteren Ministerpräsidenten Karl Arnold, dem Rechtsanwalt Erich Wenderoth und dem rasch wieder scheidenden späteren "Handelsblatt"-Gründer Friedrich Vogel am 26. Februar 1946 die Lizenz zur Herausgabe der "Rheinischen Post" entgegennehmen konnte, war es noch ein weiter, nicht immer zielgerichteter, durch zahllose Diskussionen gekennzeichneter Weg.

Der führte über die "Neue Rheinische Zeitung". Herausgegeben und kontrolliert wurde sie von britischen Offizieren, geschrieben von Deutschen. Das Blatt erschien - unter Leitung von Betz - vom Juli 1945 bis zum April 1946 in Düsseldorf. Es wurde abgelöst von drei Blättern, der "Rheinischen Post", der "Freiheit" und dem "Rhein-Echo".

Alle drei sollten eine neue Art von Zeitungen begründen. Sie sollten zwar für eine politische Richtung stehen, nicht aber Parteizeitungen sein. Die Zeitungen des neuen Typs sollten wirtschaftlich völlig unabhängig und weisungsfrei von den Parteien agieren. Das führte später durchaus zu Spannungen, erklärte sich aber durch geschichtliche Erfahrungen. Partei-Zeitungen alter Art hatten durch Nachrichtenunterdrückung und politische Blindheit zum Untergang der Weimarer Republik beigetragen.

 Zeitungsdruck heute: Die Zeitung ist farbig geworden, und ihre Produktion ist um ein Vielfaches schneller.

Zeitungsdruck heute: Die Zeitung ist farbig geworden, und ihre Produktion ist um ein Vielfaches schneller.

Foto: Stephan Wieland

Die "Freiheit", die die Lizenz am gleichen Tag erhielt wie die "Rheinische Post", sollte die kommunistische Richtung vertreten, das "Rhein-Echo", das eine Woche später lizensiert wurde, die sozialdemokratische, die "Rheinische Post" die Richtung der Christdemokraten.

Dieser politische Ansatz spiegelt sich im Gründergremium der "Rheinischen Post". Anton Betz und der aus den in der NS-Zeit verbotenen christlichen Gewerkschaften kommende Karl Arnold waren Katholiken, Erich Wenderoth war Protestant, beheimatet in der anti-nazistischen Bekennenden Kirche. Sie standen für eine Zeitung, für die es eine Million Vorbestellungen gab, die aber wegen des Mangels an Papier - und wohl auch aus politischer Rücksichtnahme der Briten, die seit 1945 von einer Labour-Regierung regiert wurden - nur in 235.000 Exemplaren erschien. 235.000 Stück - später mehr, aber nie genug und die Auflage bis 1948 immer abhängig von politischen Entscheidungen - mussten für fast das gesamte Gebiet des Regierungsbezirks Düsseldorf reichen, also auch für die Ruhrgebiets-Großstädte Essen, Oberhausen und Mülheim.

Papiermangel bestimmte den Umfang der Zeitungen, vier Seiten, drei fürs Allgemeine, eine fürs Lokale, einbezogen eine halbe Seite für Anzeigen. Papiermangel bestimmte auch die Erscheinungsweise. Die RP gab es zunächst zweimal, später dreimal in der Woche. Es dauerte bis nach der Währungsreform 1948, dass die Auflage freigegeben, und bis nach der Gründung der Bundesrepublik 1949, dass die Zeitung an jedem Werktag, also sechsmal in der Woche, erscheinen konnte.

1949 war ein entscheidendes Jahr für die Entwicklung der RP. Mit der Gründung der Bundesrepublik entfiel der Lizenzzwang durch die westlichen Besatzungsmächte. Nun konnte eine Zeitung herausgeben, wer wollte und das nötige Geld aufbringen konnte. Viele so genannte Altverleger nutzten die Chance, Zeitungen, die es vor 1945 oder auch vor 1933 gegeben hatte, wieder auf den Markt zu bringen. Viele dieser Zeitungen fanden Leser, und manche unter den neugegründeten Lizenzzeitungen musste aufgeben. Die RP bestand den Lesertest im größten Teil ihres Verbreitungsgebiets vom Niederrhein bis zum Bergischen Land, zog sich aber aus Essen, Oberhausen und Mülheim zurück.

Die Rheinische Post war zur profilierten Zeitung geworden, die in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland politisches Gewicht besaß und in ihrem weiten Verbreitungsgebiet in Düsseldorf, am Niederrhein und im Bergischen Land stetig wuchs. Vorbei die Zeiten, da Anzeigen abgelehnt werden mussten, weil es an Papier mangelte. Die Rheinische Post wurde zum Marktplatz - auf dem Nachrichten verbreitet und Waren feilgeboten werden. Die Grundidee der wirtschaftlich und parteipolitisch unabhängigen, an verlässlichen Werten orientierten Zeitung setzte sich durch. Was heute als Regionalzeitung mit bundespolitischem Anspruch geschätzt wird, hat seinen Ursprung in diesen Anfangsjahren.

Es folgten Jahrzehnte des Wachstums. "Neben weiterer Auflagensteigerung durch Verkaufs- und Abonnenmenterfolge", so schreibt der Historiker Peter Henkel, "verfolgte Betz auch eine Expansionsstrategie durch Zukäufe, Übernahmen und Nebenausgaben. Im Wesentlichen stärkte er damit die regionale Bindung der Verlagsprodukte an den Leser, der gerade im überschaubaren lokalen/regionalen Rahmen Orientierung suchte." Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass die Rheinische Post die sozialliberale Politik nach 1969 vorsichtig distanziert begleitete, dem dahinter stehenden kulturellen Wandel aber - auch durch neue Stellen in der Redaktion - viel Zuwendung widmete.

Einen Wachstumsschub brachte 1970 auch die Fusion des RP-Verlags mit dem alteingesessenen Droste-Verlag in Düsseldorf. Die RP verfügte nun über große Druckkapazitäten. Die Familie Droste gehört seitdem mit den drei Gründerfamilien Arnold, Betz und Wenderoth zu den Eigentümern der Zeitung.

Die nutzte nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Herrschaftsbereichs neue Chancen. Sie engagierte sich vor allem in der neu entstandenen Tschechischen Republik, übernahm dort mehrere wichtige, viel gelesene Titel und entwickelte sie zu modernen Zeitungen weiter, die heute von tschechischen Unternehmen betrieben werden.

Inzwischen ist die Digitalisierung zum wichtigsten Trend in den Medienunternehmen geworden. Das Internet stellt die Verlage vor neue journalistische, organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Neue Produkte für Computer, Tablets und Smartphones werden erprobt, verlangen neue Organisationsformen. Gleichzeitig hat die RP auch ihre Aktivitäten bei deutschen lokalen Radio- und Fernsehsendern verstärkt und im Zeitungsbereich großflächig ausgeweitet. Sie übernahm die Mehrheit des Saarbrücker Zeitungsverlags, so dass die "Saarbrücker Zeitung", der "Trierische Volksfreund", der "Pfälzische Merkur" und die "Lausitzer Rundschau" heute zu dem Düsseldorfer Unternehmen gehören, das vor 70 Jahren ganz bescheiden mit vier Seiten begonnen hatte.

Die Ausweitung der Geschäftsfelder weit über Print und das Rheinland hinaus verschafft der Mediengruppe die notwendige wirtschaftliche Stärke. Dazu dienen auch Partnerschaften und Kooperationen wie die erprobte Zusammenarbeit mit dem Verlag Girardet. Sie sichern, wie Michael Girardet es einst formulierte, die Unabhängigkeit beider Häuser.

Augenmaß und Weitblick, mit denen die Herausgeber der Rheinischen Post ihre inhaltliche Rolle fördernd wahrnehmen, gibt der Redaktion die Freiheit zu unabhängigem, innovativen Journalismus - egal ob gedruckt oder elektronisch verbreitet. Heute ist die Mediengruppe breit aufgestellt und gerüstet für den Wandlungsprozess einer Mediengesellschaft, in der die allseits geforderte Nachhaltigkeit im bewussten Festhalten an Werten und Überzeugungen gründet.

(RP)
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