Stefan Weigel Der Weg in die Chefredaktion

Die pensionierte Lehrerin Marlene Weber fragt den stellvertretenden Chefredakteur, wie der eigentlich zu seinem Job gekommen ist. Der Journalist erklärt zudem, warum es manchmal besser ist, Politiker nicht alleine zu interviewen.

 Der stellvertretende Chefredakteur Stefan Weigel.

Der stellvertretende Chefredakteur Stefan Weigel.

Foto: Schaller,Bernd

Herr Weigel, geht es in Ihren Konferenzen immer so locker zu?

Weigel Meistens. Aber manchmal wird's auch eklig. Wenn wir einen Fehler gemacht oder eine Geschichte verpasst haben, bekommt unser Chefredakteur relativ schlechte Laune und macht dann daraus auch kein Geheimnis.

Ich dachte, Sie hätten sich heute besonders gut benommen, weil ich dabei war.

Weigel Ach was, so gut können wir uns gar nicht verstellen - nicht mal, wenn Leser zu Gast sind.

Wie haben Sie denn die Leser ausgewählt, die Ihre Redakteure interviewen sollen?

Weigel Wir haben versucht, das einigermaßen gerecht auf unsere verschiedenen Ressorts zu verteilen. Sonst hätten Philipp Holstein und Wolfram Goertz Nachtschichten einlegen müssen.

An die beiden hatte ich auch gedacht; aber das Fachwissen der beiden schüchtert mich doch etwas ein.

Weigel Mich auch. Dabei zeigen die beiden im persönlichen Gespräch durchaus menschliche Züge. Aber schön, wenn das Fachwissen eines stellvertretenden Chefredakteurs Sie nicht beunruhigt.

Wie wird man eigentlich stellvertretender Chefredakteur?

Weigel Hm. Gute Frage. Normalerweise beginnt man seine Laufbahn nach dem Studium als Volontär oder Journalistenschüler, wird dann Redakteur und wenn's gut läuft irgendwann leitender Redakteur, Lokalchef oder Ressortleiter. Wenn dann eine Position in der Chefredaktion frei wird, kann man sich bewerben. Deutlich schöner ist es allerdings, wenn man gefragt wird. Das macht die Gehaltsverhandlungen angenehmer.

Aber wer entscheidet bei der RP über so eine Position?

Weigel Der Chefredakteur muss es wollen, die Geschäftsführung zustimmen und die Herausgeber ihren Segen geben. Man will ja auf Nummer sicher gehen.

Liest die Chefredaktion eigentlich jeden Text, bevor die Zeitung gedruckt wird?

Weigel Nein, das schaffen wir leider nicht. Dazu sind es zu viele. Und die meisten Artikel werden erst kurz vor Redaktionsschluss fertig - dadurch ist die RP immer sehr aktuell, online sowieso, aber eben auch auf Papier.

Findet mein Lehrerauge deshalb manchmal noch Rechtschreibfehler in der Zeitung?

Weigel Leider ja. Wir bemühen uns natürlich, unsere Geschichten korrekt zu drucken; jeder Text wird im jeweiligen Ressort gegengelesen. Außerdem haben wir ein Team von Kollegen, das die Artikel auch noch einmal nach Fehlern absucht. Wir leiden selbst, wenn wir am nächsten Tag Unsinn in der Zeitung finden. Kein Journalist möchte, dass ihn die Leser für geistig zurückgeblieben halten, weil er den Namen des Bürgermeisters nicht unfallfrei in die Tastatur tippen kann. Aber manchmal rutscht in der Hektik eben doch etwas durch. Das führt dann beim Chefredakteur zu schlechter Laune (s.o.).

Mir ist aufgefallen, dass Sie Ihre Politikerinterviews oft mit mehreren Redakteuren führen - könnte das nicht auch einer alleine machen?

Weigel Im Grunde ja. Aber es ist besser, wenn das zwei oder drei Kollegen gemeinsam machen; dann kann einer eine Frage stellen und der andere nachhaken, wenn der Interviewpartner sich professionell um eine richtige Antwort herumwindet.

Ach so. Und warum sitze ich Arme allein hier? Beim nächsten Mal bringe ich mir Verstärkung mit!

(RP)
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