Duales Studium Zwei Abschlüsse und guter Verdienst

Das duale Studium wird immer beliebter: Studium und Ausbildung zeitgleich - das fordert Opfer und Disziplin. Doch die zahlen sich später aus, denn die Jobaussichten und Karrierechancen verdoppeln sich.

Vor elfeinhalb Jahren war Sebastian Röhm noch ein Exot. Damals musste der 32-Jährige noch ziemlich genau erklären, was er da eigentlich macht mit dem dualen Studium, der zeitgleichen Ausbildung zum Informatik-Kaufmann beim Technologiekonzern 3M in Neuss und dem Studium zum Diplom-Wirtschaftsinformatiker an der privaten FOM-Hochschule in Neuss.

Heute ist er selbst Ausbildungsleiter in Neuss bei 3M und zuständig für 14 dual Studierende. "Das duale Studium war eine gute Entscheidung", sagt er. Einer seiner Nachfolger als dual Studierender bei 3M, Simon Haak (20), erklärt, er schätze besonders den Druck während dieser Form Ausbildung.

Immer mehr Abiturienten wählen diesen Druck. Studium und Ausbildung zeitgleich - das fordert Opfer. Aber am Ende haben sie gleich zwei Abschlüsse. Diese Form der Ausbildung erfährt seit Jahren einen enormen Schub. Nach Auskunft des Bundesinstituts für Berufsbildung stieg die Anzahl dualer Studiengänge allein im Jahr 2013 um 11,4 Prozent auf mehr als 1000 Angebote.

"In den letzten vier bis fünf Jahren hat sich die Zahl der Angebote um rund 100 Prozent gesteigert", sagt Achim Ricken, Berater für akademische Berufe bei der Agentur für Arbeit in Neuss. Mehr als 60 000 junge Menschen studieren bereits dual.

Das duale Studium funktioniert in den meisten Fällen so: Die Hälfte des Semesters, also drei Monate, verbringen die Absolventen im Betrieb. Die anderen drei Monate in der Hochschule. Dort werden sie dann auch auf die Prüfungen durch die Industrie- und Handelskammer (IHK) vorbereitet.

Dadurch verzichten die Betriebe zwar für eine gewisse Zeit auf eine Arbeitskraft, doch die Vorteile überwiegen nach Einschätzung von IHK-Experte Frank Lorenz: "Das duale Studium ist ein gutes Instrument, leistungsstarke Abiturienten an sich zu binden. Das ist für die Unternehmen ein Investment in die Zukunft."

Wenn auch eines, dass sich derzeit vor allem größere Mittelständler, Großunternehmen und Konzerne erlauben können oder wollen. "Das duale Studium ist ein anspruchsvolles Elite-Studium und gewinnt in den Zeiten des Fachkräftemangels immer mehr an Bedeutung", sagt Christoph Pieper, Leiter Bildung bei der Industrie- und Handelskammer NRW.

Die Bezahlung ist sehr ordentlich. Bis zu 1200 Euro Ausbildungsvergütung werden im Monat je nach Beruf fällig. In vielen Fällen zahlt das Unternehmen obendrein noch die Studiengebühren, die bei privaten Hochschulen schon bei ein paar hundert Euro im Monat liegen können.

Dafür verlangen viele, dass der Absolvent die ersten Jahre nach dem Studium auch im Unternehmen bleibt. Denn der Vorteil ist: Sie erhalten einen fertigen Bachelor-Absolventen mit jeder Menge Fachwissen, der aber auch Praxis-Erfahrung hat und sich im Unternehmen zudem auskennt. Also eine eierlegende Wollmilchsau.

Das macht die Strapaze des dualen Studiums natürlich auch für Abiturienten interessant. Nicht nur die besten Bewerber kommen durch: "Das Bewerbungszeugnis sollte einen Notenschnitt von 2,5 aufwärts haben", rät Achim Ricken. "Aber es müssen keine Einserkandidaten sein."

Das wäre zum Beispiel interessant für Kandidaten, die knapp an einem Numerus Clausus an der Uni scheitern und keine Zeit mit Wartesemestern verschenken wollen. "Statt BWL wäre dann zum Beispiel Business Administration eine sehr gute Alternative."

Doch nach wenigen Jahren wirkt sich der große Aufwand aus: "Viele Unternehmen investieren mit dem dualen Studium in ihren eigenen Nachwuchs, die Übernahme- und Karrierechancen sind sehr gut", sagt Dirk Werner, Bildungs- und Arbeitsmarktökonom des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

"Später im Beruf sind Studenten mit so viel Praxiserfahrung schneller und besser einsetzbar, das zahlt sich für beide Seiten aus: Das Unternehmen hat eine angehende Spitzenkraft und der Absolvent einen guten Job nebst guten Karrierechancen."

(RP)
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