ANZEIGE Studium vs. Ausbildung Hörsaal oder Werkbank?

Immer mehr Schulabgänger drücken nach dem Abschluss weiter die Schulbank - in der Hochschule. Es ist sogar von einem "Akademisierungswahn" die Rede.

 Immer mehr Schulabgänger tauschen die Werkbank gegen den Hörsaal ein. Vor allem die statistisch gesehen besseren Berufsaussichten überzeugen viele junge Leute zur Aufnahme eines Studiums.

Immer mehr Schulabgänger tauschen die Werkbank gegen den Hörsaal ein. Vor allem die statistisch gesehen besseren Berufsaussichten überzeugen viele junge Leute zur Aufnahme eines Studiums.

Foto: tmn

Christian Häberle aus dem schwäbischen Burladingen hat geschmissen. Und zwar sein Studium der Rechtswissenschaften in Stuttgart. Der 28-Jährige hat nach 13 Semestern den Hörsaal gegen eine Schreinerei in der Eifel getauscht - und ist, wie er selbst sagt "zum ersten Mal seit langer Zeit wieder richtig glücklich".

Leicht hat sich der Mann von der schwäbischen Alb diese Entscheidung nicht gemacht. Da waren zum einen die Eltern, beide Akademiker. Die Mutter arbeitet als Lehrerin am Gymnasium, der Vater ist promovierter Jurist und arbeitet in der Verwaltung in Stuttgart.

Er hat sich immer gewünscht, dass sein Sohn einmal in seine Fußstapfen tritt. "Mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium, gerade in so breit angelegten Fächern wie Jura oder Betriebswirtschaft, hat man einfach die besten Aussichten", ist der Vater von Christian Häberle eigentlich heute noch überzeugt.

Die Statistik gibt ihm auf den ersten Blick Recht. Schließlich herrscht in Deutschland nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden unter Akademikern quasi Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote von Hochschulabsolventen beträgt nur 2,5 Prozent - und das ist eines der schlagenden Argumente für den Weg an die Hochschule.

"Akademiker sind erheblich seltener arbeitslos, sie verdienen im Schnitt deutlich mehr und haben sehr gute Aufstiegschancen", erläutert Arbeitsmarkt-Forscher Joachim Möller, Professor für Volkswirtschaftslehre und Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg.

Allerdings gibt es auch andere Stimmen, die vor einem "Akademisierungswahn" warnen. So sprach sich der Ex-Kulturstaatsminister und Professor für Philosophie, Julian Nida-Rümelin, in mehreren Publikationen gegen einen solchen Trend in der deutschen Gesellschaft aus.

Die immer weiter steigende Abiturquote, die mittlerweile bei knapp 50 Prozent liege und sich damit in den vergangenen zwölf Jahren nahezu verdoppelt habe, trage dazu bei. Zugleich machten 17 Prozent der Jugendliche gar keine Berufsausbildung mehr - und bald liefen die Studenten den Azubis den Rang ab, so die Befürchtung.

Bereits zur Jahrtausendwende gab es knapp zwei Millionen Studenten, heute sind es etwa 500 000 mehr. Und trotz der großen Zahl ist der Weg der Mehrheit für viele auch ein Irrweg. Denn auch die Zahl der Studienabbrecher nimmt immer mehr zu. Laut Hochschul-Informations-System verlässt fast jeder dritte Student aktuell eine Universität oder Fachhochschule ohne Abschluss.

So wie Christian Häberle. "Ich habe irgendwie schon ganz am Anfang gemerkt, dass diese Paragrafenwelt nichts für mich ist - aber jeder sagte mir, das wird schon werden." Wurde es aber nicht. Häberle bestand zwar eine Reihe von Prüfungen und gelangte auch ins Hauptstudium, aber Freude am Lernen hatte er nie. Im Gegenteil, je umfangreicher der zu erlernende Stoff war, desto größer wurde die Prüfungsangst. "Irgendwann bekam ich dann gar nichts mehr auf die Reihe", erinnert er sich heute.

Das merkten auch seine Eltern und suchten das Gespräch. Und dabei kam dann endlich heraus, dass Christian Häberle viel lieber mit den Händen arbeitet. Dass er einer Reihe seiner Kommilitonen bei dem Einrichten der Studentenbude geholfen und aus einfachen Regalen wahre Kunstwerke gezaubert hatte. Am liebsten hat er in der ganzen Zeit mit Holz gearbeitet.

Durch die Schwester seiner Freundin kam er an eine Reihe von Schreineradressen in der Eifel. Mit der in Köln wohnhaften Freundin war er sich einig, dass der Lebensmittelpunkt von nun an ganz am Rhein liegen sollte und er selbst in die Eifel zum Arbeiten pendeln wollte. Bereits der zweite Ausbildungsbetrieb gab dem etwas älteren Lehrling eine Chance. Seit dem Sommer arbeitet Häberle bei einem Spezialisten für Treppenbau. Und hat einen Job gefunden, der ihm Spaß macht.

(RP)
RP Digital ist weder für den Inhalt der Anzeigen noch für ggf. angebotene Produkte verantwortlich.