Freie Lehrstellen Hörgeräteakustiker werden dringend gesucht

Einige freie Lehrstellen gibt es noch - und fertige Gesellen können sich ihren Job praktisch aussuchen: Die Lehre als Hörgeräteakustiker ist ein Geheimtipp. Der Beruf verbindet Technik mit handwerklichem Arbeiten - und kommunikativ muss man auch sein.

 Am Anfang steht der Hörtest: Hörgeräteakustikerin Stefanie Wörfel misst bei einem Patienten, wie groß seine Hörminderung ist.

Am Anfang steht der Hörtest: Hörgeräteakustikerin Stefanie Wörfel misst bei einem Patienten, wie groß seine Hörminderung ist.

Foto: Franziska Koark

Wer sich zum Hörgeräteakustiker ausbilden lässt, beschäftigt sich künftig noch stärker als bisher mit der Beratung von Patienten. Die Ausbildungsordnung ändert sich zum 1. August 2016, teilt die Bundesagentur für Arbeit mit. Außerdem gibt es eine neue Berufsbezeichnung: Hörgeräteakustiker heißen künftig Hörakustiker.

Hörgeräteakustiker ist ein dreijähriger Ausbildungsberuf. Jugendliche lernen dabei, Hörhilfen herzustellen und anzupassen sowie ihre Bedienung den Patienten zu erklären. Die Ausbildung machten zuletzt rund 2460 Jugendliche.

In der Hörgeräteakustiker-Branche ist Nachwuchs gefragt. "Wir haben das Problem, dass wir nicht alle Ausbildungsplätze besetzen können", sagt Thomas Wittmann. Er ist Vizepräsident des Fachverbands Deutscher Hörgeräte-Akustiker. Das liege auch daran, dass viele Jugendliche den Beruf nicht kennen. Dabei seien die Chancen auf eine Übernahme nach der Lehre sehr gut. "Ausgebildete Kräfte können sich ihren Arbeitsplatz im Prinzip aussuchen."

Wer sich für die dreijährige Ausbildung entscheidet, braucht Einfühlungsvermögen, sagt Wittmann. Die Fachkräfte beraten Kunden zu Hörgeräten und passen sie an. Ohne ein kommunikatives Wesen gehe es nicht. Handwerkliche Fertigkeiten seien dagegen erlernbar.

Am Anfang der Arbeit stehen Tests. Mit ihnen finden die Fachkräfte heraus, wie stark die Hörminderung bei ihren Kunden im Einzelfall ist. Wie gut werden hohe und tiefe Töne oder Sprache wahrgenommen? Dann geht es darum, mit dem Patienten das richtige Hörsystem auszuwählen. Danach machen Hörgeräteakustiker Abdrücke vom Ohr und vom Gehörgang und fertigen Maßohrstücke an. Ist das Gerät fertig, erklären sie den Kunden, wie sie es pflegen und bedienen. Außerdem sorgen sie für die richtige akustische Feineinstellung. Tätigkeiten wie das Abrechnen mit Krankenkassen gehören ebenfalls zu ihren Aufgaben.

 Ein Hörgeräteakustiker muss ein Hörgerät auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden anpassen.

Ein Hörgeräteakustiker muss ein Hörgerät auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden anpassen.

Foto: Franziska Koark

Vom Kleinkind bis zum Senior kommen zu den Spezialisten Patienten in jedem Alter. Zu ihren Kunden gehören auch Berufstätige, die in ihrem Job mit einer erhöhten Geräuschbelastung konfrontiert sind und einen Gehörschutz brauchen.

"Moderne Hörsysteme sind derart komplex, dass ausschließlich ausgebildete Hörgeräteakustiker in der Lage sind, diese an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen", erläutert Marianne Frickel. Sie ist Präsidentin der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker. Qualifizierter Nachwuchs sei in den rund 5000 Fachgeschäften mit mehr als 12.000 Hörgeräteakustikern in Deutschland gesucht.

Wer sich für die Ausbildung interessiert, sollte mindestens die Mittlere Reife mitbringen. Jeder Zweite Auszubildende hat sogar Abitur. Angehende Fachkräfte müssen nicht nur technikaffin, sondern auch naturwissenschaftlich begabt sein. Da regelmäßig Messverfahren mit akustischen Größen auf der Tagesordnung stehen, sind auch mathematische Kenntnisse gefragt.

Die dreijährige Ausbildung machen Jugendliche im Betrieb vor Ort sowie in Lübeck. Dort besuchen sie insgesamt zehn Monate die Landesberufsschule, die ein Teil der Akademie für Hörgeräte-Akustik ist. Sie ist die zentrale Bildungsstätte in Deutschland für diesen Beruf. Dort stehen auf dem Lehrplan unter anderem Fächer wie Reparaturtechnik oder Hörsystemprogrammierung. Gleichzeitig besuchen die Schüler Kommunikationstrainings, in denen sie einen einfühlsamen Umgang mit den Kunden üben.

Die Kosten für den Besuch der Berufsschule und die überbetriebliche Ausbildung an der Akademie übernimmt in der Regel der Ausbildungsbetrieb. Nicht immer finanziert er auch die Fahrt und Unterkunft plus Verpflegung in Lübeck - hier muss der Azubi gegebenenfalls einen Teil zuzahlen.

In jedem Fall erhalten die angehenden Hörgeräteakustiker eine Ausbildungsvergütung. Der monatliche Brutto-Betrag schwankt zwischen 455 und 565 Euro im ersten, 536 und 615 Euro im zweiten sowie 582 und 700 Euro im dritten Jahr. Nach der Ausbildung liegt das Einstiegsgehalt eines Hörgeräteakustikers durchschnittlich bei 1700 Euro brutto.

Fertig ausgebildete Hörgeräteakustiker haben breite Weiterbildungsmöglichkeiten. Auf dem Campus in Lübeck können sie zum Beispiel den Meisterbrief oder ein Zertifikat wie Tinnitus-Spezialist oder Pädakustiker erwerben. Letzterer ist ein auf Kinder spezialisierter Hörgeräteakustiker. Außerdem besteht die Möglichkeit, Hörakustik zu studieren.

(dpa)
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