China im Test Ökotest — neuer Internetstar in China

Das deutsch-chinesische Verbraucherschutzportal von Ökotest erreicht bereits ein Jahr nach seinem Start Millionen Mittelschicht-Chinesen.

China im Test: Ökotest — neuer Internetstar in China
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Das deutsch-chinesische Verbraucherschutzportal von Ökotest erreicht bereits ein Jahr nach seinem Start Millionen Mittelschicht-Chinesen.

Die 35 Mitarbeiter der chinesischen Online- Ausgabe des deutschen Verbrauchermagazins "Ökotest", darunter zwei Deutsche, die im vierten Stock eines Bürohauses in der Pekinger Süd-Sanlitunstraße sitzen, haben bei Chinas Verbrauchern längst einen Stein im Brett. 26 Testreihen veröfentlichten sie bislang, darunter über Milchpulver, Babylotionen, Vitaminpillen, Lippenstifte und Zahncreme, Tafelwasser, Olivenöl, Kosmetik und T-Shirts.

"Wir bieten eine Dienstleistung an, die es bisher so in China nicht gab. Unsere Zielgruppen kommen aus dem mehr als 300 Millionen Menschen zählenden neuen Mittelstand. Die Sicherheit von Nahrungsmitteln und Konsumgütern ist heute für Chinesen zum Thema Nummer eins geworden, so wie es auch vor 30 Jahren in Deutschland war, als das Magazin Ökotest gegründet wurde", sagt der deutsche Projektmanager Thomas Böwer.

Vier Jahre dauerte die Vorbereitung, bis das Projekt 2015 auf den chinesischen Markt kam. Die Webseite okoer. com (eine lautmalerische Übersetzung für Ökotest) arbeitet nach den eingespielten Prüfverfahren des 1985 gegründeten deutschen Magazins Ökotest. Für jeden Test werde unter mindestens zehn der wichtigsten Marken in China eingekauft.

Mitarbeiter von Okoer übersetzen die Beipackzettel ins Deutsche. Alle Waren werden dann per Luftfracht an deutsche Labore geschickt. Vor der Veröffentlichung der Ergebnisse erhalten die Hersteller Gelegenheit, Stellung zu nehmen. "Wir haben inzwischen eine Reichweite von 15 bis 17 Millionen Zugriff en auf unsere Tests über verschiedene Internetplattformen", sagt Böwer. "Erstmals sehen wir auch Übernahmen auf behördliche Webseiten."

Das deutsch-chinesische Verbraucherschutz- Projekt scheint genau im richtigen Moment nach China gekommen zu sein. Seit Anfang des Jahres lässt Premier Li Keqiang die Entwicklung von IT-Gewerbe, E-Commerce und Dienstleistungen besonders stark fördern. "Die Zeit in China ist reif für glaubwürdige Verbraucheraufklärung", sagt der Chefredakteur der Webseite, Luo Changping.

Lebensmittelskandale und die weitverbreitete Furcht in der Bevölkerung vor belasteten und verseuchten Nahrungsmitteln haben den Boden bereitet. Als online erscheinendes Testmagazin hat Okoer.com mehr Freiräume als andere Medien. Dennoch steht es unter Auflagen.

Die Redaktion darf nur Tests der in China verkauften Markenprodukte ausländischer Hersteller veröff entlichen, nicht aber die von hundertprozentigen chinesischen Herstellern. Doch das ist nur eine Frage der Zeit. Auf der Reformagenda der Pekinger Führung hat die Wiederherstellung des Vertrauens der Bevölkerung in ihre Nahrungsmittel Priorität.

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