Hospizverein Düsseldorf-Nord Selbstbestimmt sterben - was bedeutet das?

Das Palliative Netzwerk, zu dem auch der Hospizverein Düsseldorf-Nord und Palliativmediziner Dr. Claudius Löns zählen, hilft Menschen, die unheilbar krank sind. In ihrer Redezeit am Forumstag sind die Experten für Fragen und Gespräche offen.

 Innehalten, sich Gedanken über das Leben - und dessen Ende - machen, das fällt den meisten Menschen schwer. Bei einer schweren, unheilbaren Erkrankung steht der Hospizverein Düsseldorf-Nord dem Patienten und den Angehörigen unterstützend zur Seite.

Innehalten, sich Gedanken über das Leben - und dessen Ende - machen, das fällt den meisten Menschen schwer. Bei einer schweren, unheilbaren Erkrankung steht der Hospizverein Düsseldorf-Nord dem Patienten und den Angehörigen unterstützend zur Seite.

Foto: Thinkstock/beyhes

Ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben wird in Deutschland derzeit diskutiert. Die Gesetzeslage ist bisher unklar. Wenn Monika Hofmeister, leitende Koordinatorin des Hospizvereins Düsseldorf-Nord, Palliativmediziner Dr. Claudius Löns und Gisela Beckmann, Vorstandsmitglied des Hospizvereins Düsseldorf-Nord, am 3. Forumstag "Vorsorge zu Lebzeiten" vor das Publikum treten, hat der Bundestag bereits über das Thema abgestimmt.

"Selbstbestimmtes Sterben unter dem Blickpunkt palliativmedizinischer, psychosozialer und spiritueller Fragen" lautet der Titel ihres interaktiven Vortrags, bei dem die Zuhörer eingeladen werden, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu äußern "Wir können aus unserer Praxis heraus berichten, was an Beratung, Begleitung und Unterstützung möglich ist", sagt Monika Hofmeister.

In der Politik gibt es vier Gruppenanträge mit Abgeordneten aller Fraktionen: Ein Gesetzesentwurf will Sterbehilfeorganisationen verbieten, ein zweiter Rechtssicherheit für Ärzte herstellen, der dritte richtet sich ausschließlich gegen profitorientierte Beihilfe zum Suizid, ein weiterer Antrag will das Strafgesetz verschärfen.

Monika Hofmeister und Dr. Claudius Löns wurden in der vergangenen Zeit mehrfach von Parteien eingeladen, um vor ihnen über das Thema zu sprechen, denn nur wer umfassend informiert ist, kann auch abstimmen. "Eine Frage ist doch: Darf ein Mensch selbst bestimmen, zu welchem Zeitpunkt er sterben will, und wie kann das gesetzlich geregelt werden?", sagt Hofmeister.

 Monika Hofmeister, Koordinatorin Hospizverein

Monika Hofmeister, Koordinatorin Hospizverein

Foto: J. Martinez

Geht es um die Frage, welches Gesetz sie sich für die Menschen wünscht, antwortet sie differenziert: "Wir wollen keine Moralapostel sein oder eine bestimmte Richtung vertreten, sondern darüber informieren, welche Möglichkeiten zur Hilfe und Alternativen es gibt - die müssen schwerstkranke Menschen kennen, ehe sie eine Entscheidung treffen können."

Dafür gelte es, viele Facetten zu beleuchten. Zum Beispiel: "Es kann auch nicht sein, dass wir ein Gesetz machen, vor dessen Hintergrund Menschen sich rechtfertigen müssen, wenn sie am Leben bleiben wollen, auch wenn das viel Pflegeaufwand und Geld kostet. Die letzte Lebenszeit ist eine ganz wichtige, in der noch vieles zwischen Menschen passiert."

Deshalb freut Monika Hofmeister sich, mit Dr. Claudius Löns, der die palliativ-medizinischen Aspekte darstellt, und Gisela Beckmann, die das Thema aus der spirituellen Sicht beleuchtet, vor die Zuhörer zu treten. Alle drei sind erfahren im Umgang mit sterbenden Menschen, der Hospizverein Düsseldorf-Nord hat dabei hauptsächlich mit Krebspatienten zu tun.

 Dr. Claudius Löns, Palliativmediziner

Dr. Claudius Löns, Palliativmediziner

Foto: privat

"Von den Menschen, die wir begleiten, hören wir oft: "Ich will nicht sterben!" Sie wollen leben. Aber sie haben auch Angst vor dem, was sie erwartet - vor Schmerzen, die sie nicht mehr aushalten können oder vor dem Ungewissen, was ,danach' ist", erklärt Monika Hofmeister.

"Doch dafür ist das Palliative Netzwerk da. Viele wissen nicht, was Palliative Umsorgung leisten kann und kennen zum Beispiel die ,Palliative Sedierung' nicht. Unterbreitet ein Arzt einem sterbenskranken Menschen dieses Angebot, beruhigt das Wissen darum, dass er sie in Anspruch nehmen kann, wenn sein Zustand für ihn nicht mehr erträglich ist. Nur sehr wenige Menschen nehmen diese Möglichkeit dann tatsächlich wahr."

In Düsseldorf gibt es ein SAPV-Team (spezialisierte ambulante palliative Versorgung), das multiprofessionell agiert: Koordination, Pflege und Arzt arbeiten Hand in Hand. Es gibt einen palliativen Pflegedienst in Düsseldorf, fünf ambulante Hospizdienste und qualifizierte Palliativmediziner, von denen einer Dr. Claudius Löns ist. (Im stationären Bereich stehen den DüsseldorferInnen vier Palliativstationen und zwei stationäre Hospize für Erwachsene zur Verfügung.)

"Palliative Umsorgung auszubauen ist eine politische und auch finanzielle Aufgabe. Das muss von den politischen und Sozialsystemen gewollt sein, weil es klare Strukturen braucht. Aber in der Praxis, beim Schwerstkranken, ist es vor allem eine Frage der persönlichen Haltung: Der Palliativmediziner und auch die Mitarbeitenden der anderen Professionen sind direkte Ansprechpartner der Betroffenen zu Hause; er (oder sie) muss verlässlich (immer) erreichbar sein - das ist eine hohe Belastung und gelingt nur mit der persönlichen Überzeugung, dass das der einzig richtige und angemessene Weg ist, Sterbende zu betreuen. Es ist notwendig, dass es mehr qualifizierte Palliativmediziner und Mitarbeitende im palliativen Netzwerk gibt, um diese Anforderung auf mehr Schultern zu verteilen und so mehr Menschen zugänglich zu machen."

(RP)
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