Wir feiern! König zu sein, kann ein Geschenk sein

Auch in republikanischen Zeiten ziehen Nachrichten und Bilder aus den Königshäusern Europas die Menschen in ihren Bann.

Wir feiern!: König zu sein, kann ein Geschenk sein
Foto: Michael Reuter

Wenn gekrönte Häupter oder Thronfolger heiraten, dann schnellen die Einschaltquoten der TV-Sender in die Höhe. Die Faszination, die Monarchen ausstrahlen, spiegelt sich bis in den bürgerlichen Alltag. Etwas Glanz und Glamour geht immer.

Was den Briten Prinz William und seine Kate, den Schweden Prinz Carl Philip und seine Sofia sind, das ist dem rheinischen Schützen sein Königspaar. Aus dem Kameraden wird nach geglücktem Vogelschuss Seine Majestät und dessen Frau wird fortan Ihrer Majestät gerufen.

Wer in Neuss zum Schützenkönig aufsteigt, der ist von einer Minute zur anderen eine Person des öffentlichen Lebens - und das gilt auch für seine Frau und seine Kinder. Während seiner Amtszeit wird der Neusser König (fast) in einem Atemzug mit dem Bürgermeister begrüßt, er wird erkannt, wenn er an der Supermarktkasse bezahlt und er sollte sich hüten, bei Rot die Straße zu überqueren.

Er wäre nicht nur ein schlechtes Vorbild für Kinder, sondern er würde bestimmt dabei beobachtet und die Kunde von seinem Fauxpas würde schnell die Runde machen. Wer in Neuss Schützenkönig sein möchte, der benötigt neben Glück an der Vogelstange auch das erforderliche Geld, um sein Jahr zu finanzieren, und über ausreichend Zeit, allen Einladungen zu folgen.

Vor allem benötigt ein Schützenkönig - und mit ihm die Königin - aber viel Freude am Amt. Wer König werden möchte, nur um sich gesellschaftlich zu positionieren, der wird letztlich ein funktionierender König sein, der wird aber niemals das Schützenvolk begeistern. Oder umgekehrt: Wer nicht mit Lebensfreude als Schütze vor dem Königsjahr unterwegs war, der wird auch in Amt und Würden nicht plötzlich zum Volkskönig mutieren.

Warum ich das heute schreibe? In den vergangenen Jahren stehen Königsbewerber an der Vogelstange nicht mehr Schlange. Mancher Verein musste schon ohne neuen König feiern. Geht auch, doch ohne Majestät fehlt etwas zum Schützenglück . . . Jetzt wurde meine Schwägerin Königin.

Im Westmünsterland ist es üblich, dass der König nicht seine Frau, sondern eine Dame aus dem Freundeskreis zur Königin erwählt - vielleicht, weil so die Kosten auf zwei Haushaltskassen verteil werden. Wie auch immer. Die Schwägerin war erschrocken. Die Haare waren nicht gemacht, kein Königinnen-Kleid lag parat. Doch alles regelte sich und es wurde feste gefeiert.

"Ich war keinen Morgen vor 5 Uhr im Bett", erzählt sie, "und ich war immer noch nicht müde." Es war nicht ihr größter Wunsch gewesen, einmal Schützenkönigin zu sein. Doch das Erlebnis möchte sie nicht mehr missen: "Es war wunderbar, weil das ganze Dorf meinen König und mich gefeiert haben." Einmal König zu sein - Pardon: Königin zu sein - kann auch ein Geschenk sein.

(RP)
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