Neuenhausen Der mystische Willibrordus, der auf eine heilende Quelle stieß

Der englische Missionar Willibrordus zerstörte um 709 auf dem Welchenberg ein Götzenbild.

 Das Aufhängen von Babywäsche am Willibrordus-Brunnen bei Neuenhausen als Zeichen der Fruchtbarkeit und Gesundheit gehört zur mystischen Sage.

Das Aufhängen von Babywäsche am Willibrordus-Brunnen bei Neuenhausen als Zeichen der Fruchtbarkeit und Gesundheit gehört zur mystischen Sage.

Foto: lber

Dass die Bewohner im Siedlungsraum rund um Neuenhausen ein Götzenbild namens "Walchus" verehrten, passte dem 688 zum Priester geweihten Willibrordus gar nicht. Er kam als Missionar aus dem englischen Benediktinerkloster "Ripon" ins Rheinland und verfolgte mit seinem strikten Eingreifen den Auftrag, den Bewohnern den christlichen Glauben näherzubringen. Er zerschlug das Götzenbild "Walchus" im Jahre 709 - doch ein Götzendiener wollte das Bild um jeden Preis verteidigen. Es kam zu einem heftigen Kampf auf dem letzten Ausläufer der Eifel, der heute als Anhöhe unter dem Namen Welchenberg bekannt ist.

"Der Welchenberg ist die einzige Erhebung in der Erft-Gegend. Dieser Anhöhe wurde früher auch der Sitz von Göttern nachgesagt", erzählt Dr. Friedrich Schmitz, Vorsitzender des Geschichtsvereins Grevenbroich. Auch, wenn nicht bewiesen ist, dass sich das Erzählte im achten Jahrhundert tatsächlich am Welchenberg zugetragen hat, gehört diese Sage zur Geschichte der Schloss-Stadt: "Kaum eine andere mysteriöse Geschichte ist über die Stadtgrenzen hinaus so bekannt wie die Sage um den Welchenberg", sagt Schmitz. Er kennt die Geschichte und auch das Mysteriöse und Sagenhafte, das in den vergangenen Jahrhunderten immer weiter ausgeschmückt wurde.

"Der Kampf mit dem Götzendiener konnte dem Missionar Willibrordus, der über eine Rheinmündung bei Holland zunächst in Friesland versuchte, Heiden zum christlichen Glauben zu bekehren - dort aber erfolglos blieb -, nichts anhaben", berichtet Friedrich Schmitz von der Sage. Trotz eines heftigen Angriffs mit einem Schwert blieb Willibrordus unversehrt.

Lediglich eine Schramme am Nacken trug er davon, was er bei den Bewohnern als ein Wunder verkündete. Der Götzendiener allerdings scheint den Kampf nicht ohne Weiteres überlebt zu haben: "Er verfiel nur drei Tage später der Raserei und starb", berichtet der Vorsitzende des Geschichtsvereins.

Dass Willibrordus stärker war, scheint wohl auch den Bewohnern um den Welchenberg imponiert zu haben. Viele von ihnen fielen vom alten Glauben ab und bekehrten zum Christentum, was Willbrordus, der kurz nach seinem Tod heiliggesprochen wurde, als großen Erfolg verzeichnete. Zum Dank an die Bewohner rammte er auf dem Welchenberg einen Pilgerstab in den Boden, aus dem sofort eine Wasserquelle sprudelte. Diese Quelle war fortan das Ziel zahlreicher frommer Pilger - der Welchenberg wurde zu einer heiligen Stätte.

Auch Jahrhunderte nach den Ereignissen sprudelte dort ein Brunnen. "Laut Sage soll das Wasser eine heilende Wirkung gegen Hautausschlag gehabt haben", berichtet Friedrich Schmitz.

Darüber hinaus hat es bis ins 20. Jahrhundert den volkstümlichen Brauch gegeben, als Zeichen der Fruchtbarkeit und zur Vermeidung von Krankheiten vor einer anstehenden Geburt Babywäsche am Willibrordus-Brunnen aufzuhängen. "Im Gegensatz zur Geschichte des um 1427 am Welchenberg gegründeten Klosters ist die Wirkung dieses Brauches nicht bewiesen. Vieles basiert auf dazugedichteten Sagen, manches ist nicht viel mehr als ein Märchenkonstrukt", sagt Thomas Wolff, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stadtarchiv.

Doch das sind nicht die einzigen Sagen um den Welchenberg: Nach Auflösung des Klosters im Jahre 1794, als französische Revolutionsheere siegessicher bis an den Rhein vorgedrungen waren, soll es am Welchenberg gespukt haben. "Immer wieder wollen Dorfbewohner in Vollmondnächten beobachtet haben, wie die Mönche ihren Gräbern beim ehemaligen Kloster entstiegen, um als Spukgestalten ihre alte Wirkungsstätte zu besuchen", heißt es in einer Ausarbeitung über die Geschichte des Welchenbergs vom ehemaligen Kreisarchivar Karl Emsbach. Friedrich Schmitz vom Geschichtsverein berichtet im Bezug auf die Sagen, dass es schon nach der Zerstörung des Götzenbildes in mancher Nacht auf dem Welchenberg unheimliche Vorkommnisse gegeben haben soll.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort