Kurztrip Slow down in Flandern

Tempo ist ein Fremdwort und Hektik unbekannt. Der Hausbooturlaub auf den Flüssen und Kanälen Flanderns entschleunigt auf maritime Art. Ein Erlebnis, durchaus geeignet auch für Skipper ohne Bootsführerschein.

 Vom Wasser aus lässt sich die grüne Seite Flanderns entdecken.

Vom Wasser aus lässt sich die grüne Seite Flanderns entdecken.

Foto: Franz Hünnekens

"Und immer schön mit der Ruhe." Diesen Rat gibt uns Véronique Peene mit auf den Weg, als wir am Morgen an unserer Zehn-Meter- Motoryacht in Kuurne die Leinen losmachen, um zu einem Wochenendtrip durch Flandern zu starten. Gent ist unser Ziel, Veronica die Chefin von bboat und ihr Tipp das Credo der Hausbootfahrer. Nicht umsonst wirbt das Charterunternehmen mit dem Slogan "Slow down".

Wir sind zu viert an Bord und unsere Klamotten in Schränken und Luken schnell verstaut. Feinstes Teakholz, zwei Kabinen, zwei kleine Badezimmer mit Toilette und Dusche sowie ein Wohnraum mit Ledersofa, Gaskocher, Kühlschrank: So lässt es sich gut schippern, auch ohne Bootsführerschein. Mit gemächlicher Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometern tuckern wir über die zunächst kanalisierte Leie unserem Ziel entgegen.

 Ohne Bootsführerscheinkann man in Flandern überdie Flüsse schippern.

Ohne Bootsführerscheinkann man in Flandern überdie Flüsse schippern.

Foto: Franz Hünnekens

Noch wird die Umgebung von Industrieanlagen bestimmt, doch schon nach der ersten Schleuse bei Wielsbeke zeigt sich Flandern von seiner grünen Seite. Nachdem wir das Städtchen Deinze, seine imposante Liebfrauenkirche und die malerische Zugbrücke passiert haben, empfängt uns eine andere Welt. Hier mäandert die Oude Leie in ungezählten Schleifen durch eine flache Landschaft. Störche suchen am Ufer nach Nahrung, Kühe grasen und drehen dem Boot wie in Zeitlupe ihre Köpfe entgegen.

Schwärme von Gänsen ziehen über uns hinweg. Schöner hätte auch einer der alten flämischen Maler die Szenerie nicht bannen können. Das wissen auch Flanderns obere Zehntausend. Denn was an der Back- und Steuerbordseite des Schiffes auf gut 20 Kilometern an uns vorbeizieht, ist schöner Wohnen in Vollendung. Minimalismus, Tudorstil, Scheldegotik — keine Villa gleicht der anderen. Was sie vereint, ist die imposante Größe, die nur noch von den jeweiligen Parkanlagen mit altem Baumbestand überboten wird.

Dass Flandern im Mittelalter und in der Renaissance eines der reichsten Gebiete Europas war, bestätigt sich noch heute an der Oude Leie kurz vor unserem Zielort Gent. Am Rande der Altstadt, an der Lindenlei, legen wir an. "Der Bootsurlaub in Flandern ist ein noch junges touristisches Angebot. Und das Besondere bei uns ist, dass man mit den Schiffen direkt in die Innenstädte fahren kann," hatte uns bei der obligatorischen Einweisung in die Bordtechnik Véronique Peene erklärt.

Leider bleibt uns am Sonntagmorgen nicht mehr die Zeit, das Genter Designmuseum zu besuchen oder über die "Anbetung des mystischen Lammes", einen Flügelaltar in der St.-Bavo- Kathedrale zu staunen. Denn noch trennen uns rund 40 Fluss-Kilometer von Kuurne. Doch für eine Portion Fritten und ein belgisches Bier in einem der Gasthäuser an der Lei wird es wohl reichen.

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