Düsseldorf/Kaarst Fall Kaarst: Was der Angeklagte seinem Opfer per SMS schrieb

Düsseldorf/Kaarst · Es ist die letzte Nachricht eines mutmaßlichen Täters an sein Opfer, die gestern im Saal des Landgerichts in Düsseldorf an die Wand projiziert wurde: "Ey Großer, wo steckst Du? Alle suchen dich schon." Geschrieben wurden die Zeilen am 12. Dezember um 9.35 Uhr, gesendet per Handy an Daniel D. - der lebte zu diesem Zeitpunkt schon seit rund elf Stunden nicht mehr.

Am Landgericht ist gestern der Prozess um das Tötungsdelikt an der Landstraße K 37 bei Büttgen fortgesetzt worden. Auf der Anklagebank sitzt ein 28 Jahre alter Sportlehrer aus Korschenbroich - der Cousin des Getöteten, eines 35 Jahre alten Versicherungskaufmanns, der in Dormagen wohnte und in Korschenbroich aufwuchs, "Garten an Garten" mit dem Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen, in dessen Auto Blutspuren vom Opfer gefunden wurden, Totschlag vor.

Der Angeklagte schweigt weiterhin, doch es gibt Indizien, die ihn belasten. Durch die Vernehmung von Mordkommissionschef Andreas Nickesen wurden jetzt weitere Details der Ermittlungen bekannt. So hätten Daniel D. und der Angeklagte am Tattag circa 20 Mal miteinander telefoniert, berichtete Nickesen. "Dabei hatten die beiden im letzten halben Jahr vor der Tat so gut wie keinen Kontakt." Ob es einen Streit gab? In den Textnachrichten, die sich Opfer und Angeklagter bis kurz vor der Tat schrieben und die jetzt im Prozess verlesen wurden, war keine Rede davon. Vielmehr ging es um neue Skier - ein Weihnachtsgeschenk.

Eine Autofahrerin hatte der Polizei am 11. Dezember um 22.16 Uhr einen vermeintlichen Verkehrsunfall gemeldet. Rettungskräfte fanden das Opfer tot neben seinem Auto liegend. Die spätere Obduktion ergab: Daniel D. wurde mit einem langen, schweren Gegenstand der Schädel eingeschlagen.

Warum sich der mutmaßliche Täter und sein Cousin an jenem Abend trafen, das ist weiterhin die entscheidende Frage in diesem ungewöhnlichen Fall. Fakt ist: Der Angeklagte, der im 13. Semester studierte und in einer Beziehung lebte, führte eine Doppelexistenz, von der seine Familie nichts wusste. Die Ermittler hätten Hinweise auf verschiedene sexuelle Kontakte zu anderen Frauen gefunden, unter anderem zu einer Dozentin, von der er gefälschte Studienbescheinigungen bekommen habe, sagte Nickesen. "Seine gesamte Vita basiert auf Lug und Trug."

(RP)
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