Bonn Fall Niklas: Polizei sucht noch Mittäter

Bonn · Nach der tödlichen Prügelattacke mussten zwei Männer freigelassen werden.

Für die Justizbehörden ist der Fall Niklas noch lange nicht gelöst - auch wenn sich Polizei und Staatsanwaltschaft sicher sind, den Haupttäter dingfest gemacht zu haben. Niklas wurde in der Nacht zum 7. Mai im Bonner Stadtteil Bad Godesberg auf dem Nachhauseweg attackiert und starb in der vergangenen Woche an seinen schweren Verletzungen. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 20-jährigen, in Italien geborenen Mann, der schon einige Jahre in Bonn lebt. Er soll Niklas laut Oberstaatsanwalt Robin Faßbender erst mit der Faust wuchtig gegen die Schläfe geschlagen und, als der 17-Jährige bereits reglos am Boden lag, gegen den Kopf getreten haben.

Dem Angriff vorausgegangen waren verbale Provokationen. Niklas war mit einem Freund und zwei Freundinnen unterwegs, als sie auf eine dreiköpfige Männertruppe trafen. Nach den Beleidigungen wollte Niklas die Gruppe zur Rede stellen, ein Freund und eine Freundin gingen dazwischen, es kam zu einem Handgemenge. Dabei wurde die Jugendliche von einem der Männer mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Kurz darauf griff der 20-Jährige Niklas an. Danach flüchteten alle drei Tatverdächtigen. Seither hat die Polizei rund 150 Hinweise aus der Bevölkerung erhalten, sagte Franz Wirges, Leiter der Mordkommission. Auch dank Zeugenaussagen ließ sich der Kreis von verdächtigen Jugendlichen auf 40 bis 50 eingrenzen, was am Ende zu drei Festnahmen führte.

Zwei Tatverdächtige mussten jedoch wieder freigelassen werden. "Sie hatten überprüfbare Alibis", erklärte Faßbender. Der mutmaßliche Haupttäter jedoch passe zur Personenbeschreibung und sei durch einen Augenzeugen identifiziert worden. Der 20-Jährige bestreite die Tat, habe sich aber in Widersprüche verwickelt. Gegen den Mann, der wegen Gewaltdelikten bereits polizeibekannt ist, ist Haftbefehl wegen Totschlags erlassen worden.

Was die weiteren Ermittlungen auch nach den Mittätern erschwert, ist das Fehlen von Anhaltspunkten. "DNA-Spuren etwa sind keine vorhanden", sagte Faßbender. Die beiden Gruppen haben sich nach Polizeiangaben nicht gekannt, die Gewalttat sei absolut unverständlich. "Es hat keine Eskalation gegeben, die einen derartigen Ausbruch erklärbar macht", sagte Faßbender. Auch gebe es keine Hinweise auf einen irgendwie gearteten Zusammenhang zu einer weiteren Gewalttat in der Bonner Innenstadt - in der Nacht zu Samstag war dort ein 19-Jähriger von Unbekannten schwer verletzt worden.

Der Bonner Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan (CDU) kündigte einen "Runden Tisch gegen Gewalt" an, zu dem Kirchen, Polizei, städtische Ämter und Stabsstellen eingeladen werden sollen. Ziel sei es, präventiv auf Jugendliche einzuwirken - und gewaltsame Angriffe zu verhindern. Die Stimmung im Stadtteil Bad Godesberg ist aufgeheizt. 50 Rechtsextreme waren am Wochenende auf die Straße gegangen, um Front gegen Ausländer zu machen - ihnen standen hunderte Gegendemonstranten gegenüber.

Am Samstag soll Niklas beerdigt werden. Pfarrer Wolfgang Picken lud alle zu den Trauerfeierlichkeiten ein, die Anteil am Tod des 17-Jährigen nehmen wollen.

(RP)
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