Düsseldorf Freie Träger drohen mit Kita-Aus

Düsseldorf · Weil sie die steigenden Kosten nicht mehr übernehmen können, erwägen freie Kita-Träger, Einrichtungen zu schließen. Die Landesregierung muss laut Grünen-Fraktionschef Mehrdad Mostofizadeh eine schnelle Lösung finden.

Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden, und nun wird es für manche Kindertagesstätten in NRW richtig eng. Seit Jahren schon klagen die freien Träger, dass die hiesige Kinderbetreuung unterfinanziert sei. Insgesamt fehlen in den Kitas in NRW eine halbe Milliarde Euro pro Jahr, heißt es vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Nun möchte die rot-grüne Landesregierung die Träger entlasten und die Unterfinanzierung der Kitas "abfedern", so Grünen-Fraktionschef Mehrdad Mostofizadeh. Denn sollten die Kitas nicht bald mehr Geld bekommen, drohe Einrichtungen das Aus, warnen die Träger. "Kitas brauchen eine bessere Finanzierung", sagt Mostofizadeh.

Stein des Anstoßes ist die sogenannte Kindpauschale, die zur Finanzierung der Kindertageseinrichtungen beitragen soll. 2008 setzte die damals schwarz-gelbe Landesregierung das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) in Kraft, das eine Mitfinanzierung der Kitas über die Pauschale vorsieht. Um 1,5 Prozent wird die Pauschale seitdem pro Jahr erhöht, um steigende Kosten zu decken. Das allerdings reiche nicht aus. "Die Kostensteigerung liegt jenseits dieser 1,5 Prozent", sagt Mostofizadeh. "Die Zunahme der Personalkosten macht allein bei uns 2,5 bis drei Prozent pro Jahr aus", sagt Helga Siemens-Weibring von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe.

Eine Differenz von zehn Prozent liege mittlerweile zwischen dem, was das Land für die Kinderbetreuung mit seiner Pauschale ausgleiche und dem, was die Diakonie durch die jährlichen Kostensteigerungen tatsächlich aufwenden müsse, sagt Siemens-Weibring. Der Paritätische Wohlfahrtsverband verbucht sogar rund zwölf Prozent Finanzierungsdifferenz bei den Kitas, sagt Fachgruppenleiter Martin Künstler. 1050 freie Kita-Träger vertritt der Paritätische Wohlfahrtsverband in NRW, über 60.000 Plätze verwalten die Betreiber. Teilweise werden die Einrichtungen von Elterninitiativen getragen, sagt Künstler. Die Finanzierung sei grenzwertig. "Träger, die mehrere Einrichtungen betreiben, können noch einen Ausgleich schaffen", sagt Künstler, "solitäre Einrichtungen können das nicht."

Mittlerweile soll es vorkommen, dass Kommunen ihren freien Kita-Trägern raten, künftig nicht mehr nach Tarif zu zahlen, um kostendeckend arbeiten zu können, erzählen Kita-Betreiber. "Wir zahlen weiter nach Tarif und werden auch nicht aussteigen", sagt Helga Siemens-Weibring von der Diakonie. "Aus dem Tarif herauszugehen, kann nicht die Lösung sein", bekräftigt Martin Künstler.

Freie Träger wie Caritas, Diakonie und Kirchen müssen ohnehin bis zu zwölf Prozent Eigenanteil aufbringen, um den Kitabetrieb zu gewährleisten. Den Rest tragen Land und Kommunen. Sollten Kitas in freier Trägerschaft schließen müssen, weil sie sich den Betrieb nicht mehr leisten können oder wollen, müssten die Städte für Betreuungsersatz sorgen. "Es würde deutlich teurer werden für die Kommunen", sagt Siemens-Weibring. Rund 7000 von insgesamt 9470 Kitas in NRW werden von freien Trägern betrieben.

"Wir sind in intensiven Gesprächen mit der Landesregierung", sagt Martin Künstler, der auf zügige Lösungen drängt. Das neue Kita-Jahr beginnt am 1. August 2016. "Das kommt für viele Träger zu spät. Wir brauchen eine Lösung zu Beginn des nächsten Jahres."

Die Grünen sind sich der Dringlichkeit des Problems bewusst. Sie wollen mit dem Haushalt 2016 schnelle Hilfe beschließen, sagt Mostofizadeh. Auch Städte und Gemeinden sollen mit in die Pflicht genommen werden. "Die Kommunen müssten sich an der Finanzierung beteiligen", sagt Mostofizadeh.

An bestehenden Beschlüssen soll derweil nicht gerüttelt werden, das beitragsfreie letzte Kita-Jahr, das SPD und Grüne bei der Kibiz-Reform 2011 beschlossen haben, soll weiterhin garantiert werden. "Es gibt eine Koalitionsvereinbarung, und die steht nicht zur Diskussion", sagt Mostofizadeh. Je nach Ausgang der Landtagswahl 2017 könne aber manches neu gedacht werden. "Mit Blick auf die neue Legislaturperiode werden wir eine grundsätzliche Neustrukturierung der Finanzierung in den Blick nehmen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort