Tipps zum 3. Oktober Fünfmal Staunen im Rheinland

Köln · Düsseldorf, Köln und Bonn bieten zurzeit eine Fülle attraktiver Ausstellungen - von der Pop-Art im Museum Ludwig bis zur Weltraum-Schau in der Bundeskunsthalle Bonn. Der "Tag der Deutschen Einheit" eignet sich dazu, sie zu erleben.

 Tom Wesselmanns "Landschaft Nr. 4" von 1965 ist ein Beispiel für denjenigen Teil der Pop-Art, die den amerikanischen Lebensstil beschwor. Das Bild gehört dem Ludwig-Museum Budapest.

Tom Wesselmanns "Landschaft Nr. 4" von 1965 ist ein Beispiel für denjenigen Teil der Pop-Art, die den amerikanischen Lebensstil beschwor. Das Bild gehört dem Ludwig-Museum Budapest.

Foto: � The Estate of Tom Wesselmann/V

Die schrillste unter den Ausstellungen, die zurzeit wieder einmal Farbe ins Rheinland bringen, ist "Ludwig goes Pop". Dabei sind viele der Künstler, deren Werke darin versammelt sind, schon tot oder so betagt, dass man ihr Schaffen getrost als abgeschlossen bezeichnen darf. Das Museum Ludwig in Köln hat aus seinen Geschwisterinstituten in Aachen, Basel, Budapest, Koblenz, Peking, St. Petersburg und Wien eine Fülle von Bildern und Objekten als Leihgaben erbeten und aus seinem eigenen Depot so tief geschöpft, dass man sich wundert, wie viel der Mäzen Peter Ludwig (1925-1996) und seine Ehefrau Irene (1927-2010) den nach ihnen benannten Museen gestiftet haben.

Wer nun glaubt, die Pop-Art sei nur mehr Kunstgeschichte, der irrt. Denn in einer Zeit, in der die Themen Krieg und soziales Elend wieder Zeitgenossen sind und die Welt gebannt wie ehedem im Vietnam-Krieg auf die USA schaut, erscheint die gute alte Pop-Art wie Gegenwartskunst.

Um die Masse der Werke unterzubringen, hat die Leitung des Museums Ludwig ihren rechten, sonst auch mit einem Teil der Schausammlung belegten Trakt ausgeräumt und über mehrere Etagen ihre Pop-Schätze ausgebreitet, darunter das "Tragbare Kriegerdenkmal" von Edward Kienholz aus dem Jahr 1968. Fünf Soldaten mit Helmen, aber ohne Köpfe, mühen sich, eine an einer Stange befestigte, welke US-Flagge aufzurichten - in unmittelbarer Nähe eines Schnellimbisses. Personen und Einrichtung der Installation sind von einem schmutzigen Silberton überzogen.

Stark zeithaltig wirkt auch Robert Rauschenbergs wandfüllende "Achse", eine Mischung aus Siebdruck und Ölgemälde von 1964 - mit collagierten Bildern von Kennedy, von der amerikanischen Raumfahrt und Szenen aus New York.

Wie in Rauschenbergs Fall sind die Werke eines Künstlers oft in Sälen zusammengefasst. Der beeindruckendste dieser Räume gilt Jasper Johns, dem unermüdlichen Maler nicht nur des Sternenbanners. Eine riesige, aus Dreiecken zusammengesetzte Weltkarte bildet die Mitte seines Saals, ringsum Zielscheiben, Zahlenbilder und im Zentrum fast verloren eine Vitrine mit zwei bronzenen Bierdosen, denen Sakrales anhaftet.

Überwiegend wirkt die Pop-Art noch erstaunlich frisch, an einigen Stellen merkt man ihr jedoch an, dass sie in die Jahre gekommen ist. Wenn man Duane Hansons "Frau mit Umhängetasche" lebensecht an einer Wand lehnen sieht und sich an die Zeit erinnert, da sie bereits das Vorgängerdomizil des Museums Ludwig zierte, bemerkt man, dass die einst weißen Streifen ihres Shirts ins Grau gewechselt sind. Selbst das blonde Haar scheint seine Frische verloren zu haben.

Auch andere Werke wirken heute mehr als zu ihrer Entstehungszeit wie Mahnungen an die Vergänglichkeit: von Andy Warhol der violette Siebdruck eines Totenschädels, von Roy Lichtenstein das Rasterbild einer weinenden Schönen. Das Gipfeltreffen der Pop-Art in Köln belegt jedenfalls nicht durchweg, was man früher festzustellen pflegte: dass die Pop-Art Bestehendes nur bestätige und nicht Kritik übe. Erschreckende Feststellung am Rande: Hansons lebensechte Obdachlose - einer davon mit blankem Po - gleichen einer Gruppe, die sich hundert Meter weiter auf der Domplatte eingerichtet hat.

(RP)
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