Korn-Cola in der Dorfdisko Die Clubs unserer Jugend

Düsseldorf · Im Kult-Club "Underground" in Köln stieg am Freitag die letzte Party. Wehmut kommt auf, denn manch einer hat hier die Sause seines Lebens gefeiert. Wir erinnern uns: an die Clubs in der Region, in denen wir die Nacht am liebsten zum Tag gemacht haben.

 Party unterm Engel im Bahnhofscafé in Kaldenkirchen.

Party unterm Engel im Bahnhofscafé in Kaldenkirchen.

Foto: Busch, Franz-H. jun.

Das "Underground" war eine feste Größe in der Kölner Kulturszene. Jetzt ist Schluss. Manch einer, der zwischen 1988 und heute in Köln jung und wild war, mag unvergessliche Erinnerungen an durchtanzte Nächte im Underground haben. Oder gar keine.

Wir in der Redaktion haben uns erinnert und gesammelt: In welchem Club haben wir die Party-Nächte unserer Jugend verbracht? Wo haben wir am liebsten getanzt, gefeiert, geknutscht? Und was war so toll an eben diesem einen Club, dass es uns immer wieder dorthin zog? Eine Hommage an die Lieblingsclubs unserer Jugend, von der Dorf-Disko bis zum Großstadt-Musikpark.

Cheetah — Bier und Korn-Cola am Meter in Oberbruch im Kreis Heinsberg

Freitagabend, zum Vortrinken traf man sich auf der Kartoffelfeld-Fete, drei Häuserblocks von der Diskothek Cheetah entfernt. Die gesamte Dorfjugend war versammelt. Auch aus Erkelenz, Hückelhoven und dem Selfkant reisten die Feierwütigen an. Die ersten gingen gegen 23 Uhr in Richtung Party-Zentrale, die Coolen stießen erst später dazu. Eine lange Schlange vor dem Eingang ließ die Vorfreude steigen, und dann endlich war das Ziel erreicht: Die mächtige Eisentüre mit den, zumindest von ihrem äußeren Erscheinungsbild her, noch mächtigeren Türstehern. Drinnen ging die Party los! Oben im Hexenkessel tönte es: "Ja Rosi hat ein Telefon, auch ich hab‘ ihre Nummer schon". Da landeten wir später. Im Hauptraum tanzte die Jugend wild zu den aktuellen Chart-Hits. Bier und Korn-Cola trank man am Meter — ein Holzbrett auf dem rund elf Getränke Platz hatten. Da kam man günstiger mit weg. Um Punkt 24 Uhr folgte das Highlight eines jeden Party-Abends im Cheetah. Ausgewählte Damen und starke Männer mussten alles geben: Es wurde die schönste Hebefigur gekürt — zum Klassiker "Time of my Life". Abwechselnd bestrahlte der Dj die schwebenden Grazien mit dem Lichtstrahler, der Applaus des Publikums entschied über die beste Hebefigur. Der Gewinn: Ein Meter Korn-Cola. Ist doch klar. Zum Schluss verzehrten wir noch ein Schinken-Baguette in der Disko eigenen Baguetterie und gingen auf einen letzten Abstecher nochmal hoch in den "Hexenkessel". Dort tönte es dann zum siebten Mal an diesem Abend: "Unter zwoundreißig sechszig acht, herrscht Konjunktur die ganze Nacht". So oder besser, immer so, verliefen die Partys in der Diskothek Cheetah. Seit Ende 2013 ist die Kult-Diskothek, in der mehrere Generationen gefeiert haben, geschlossen. Einen Nachfolger, der mit ihr mithalten kann, sucht man vergebens. ​Sabine Kricke, Crossmedia-Redakteurin in Mönchengladbach

Bahnhofscafé in Kaldenkirchen - "Nellie the Elephant"

"Nellie the Elephant" von den Toy Dolls läuft viel zu selten im Radio. Wenn ich dieses Lied höre, unterwegs, einfach so, dann bin ich sofort wieder dort, wo ich so viele Nächte verbracht habe: im Bahnhofscafé in Kaldenkirchen. Auf alten Sofas, zwischen ausrangierten Klavieren, mit Freunden und Fremden quatschend. Auf der Tanzfläche, unter dem Engel, der über allen schwebte, die das BaCa als zweites Zuhause liebten. Wir haben gefeiert, getrunken, getanzt und geknutscht. Wir haben uns geschworen, immer hierher zurückzukehren, in den alten Bahnhof - egal wohin unsere Lebenswege uns auch führen mögen. Wir haben geweint, als das BaCa 2015 endgültig die Türen schloss. Wie schön, immer wieder Menschen zu treffen, die die Nächte unter dem Engel auch nicht vergessen haben. "Hey, wir kennen uns doch aus dem BaCa" reicht zur Begrüßung. Dann hüpfe ich innerlich mit Elefant Nellie los. Birgitta Ronge, Redakteurin in Viersen

Delta-Musikpark - durchtanzte Nächte in Essen

In den Lieblingsclub meiner Jugend würden mich heute keine zehn Pferde mehr reinkriegen: der Delta-Musikpark in Essen. Als ich um die 18 Jahre alt war, fand ich diesen riesigen, seelenlosen Club in einer ehemaligen Industriehalle in Essen, den es heute übrigens immer noch gibt, schlicht faszinierend. Wahrscheinlich, weil es der erste Club war, in dem ich jemals war. Ich fand einfach ausnahmslos alles daran aufregend: Die Spannung, ob der Türsteher mich reinlässt. Die Leute. Die Musik, und dass sie so unfassbar laut war. Dass der Club so weitläufig war — es gab mehrere Tanzflächen, man konnte zwischendurch raus an die eiskalte Luft gehen und in manche dunkle Ecke habe ich mich in all den Jahren nie getraut (wahrscheinlich besser so). Dass ich an der Bar eine Verzehrkarte abgeben musste und deshalb nie wusste, wie viel das Getränk gekostet und ob der Barkeeper mich nicht über den Tisch gezogen hatte. Dass man am Ende der Nacht auf einem Meer aus Scherben tanzte, weil auf den Biergläsern kein Pfand war und die betrunkenen Partygäste die leeren Gläser einfach an Ort und Stelle fallen ließen. Das Beste aber war, einfach die Nacht mit meinen Freunden durchzutanzen. Das wäre natürlich auch in jedem anderen Club gegangen. Aber wir haben es eben im Delta-Musikpark getan. Laura Sandgathe, Online-Redakteurin im Ressort NRW

(biro/lsa/skr)
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