Düsseldorf Reker weist Entschuldigung des Attentäters zurück

Düsseldorf · Nein, sagt Henriette Reker vor Journalisten, sie habe "keine Probleme" damit, gleich im Gerichtssaal jenem Mann zu begegnen, der sie mit einem Messer schwer verletzt hatte. Ohne auch nur einen Blick Richtung Anklagebank zu werfen, nimmt die Kölner Oberbürgermeisterin vor Richterin Barbara Havliza Platz und beantwortet alle Fragen zum Attentat vom 16. Oktober 2015 - einen Tag vor ihrer Wahl zum neuen Stadtoberhaupt.

Reker schildert, wie sie morgens am Wahlkampfstand Rosen an Passanten verteilen wollte. Frank S. sei auf sie zugekommen. Er habe freundlich um eine Blume gebeten. Als sie sie ihm reichen wollte, stach er ihr in Sekundenschnelle in den Hals. Reker sank blutend zu Boden und verschloss mit zwei Fingern die Wunde. Sie habe sich in die stabile Seitenlage gebracht und fortan nicht mehr bewegt.

Was um sie herum passiert sei - Frank S. verletzte noch vier andere Menschen mit dem Messer - habe sie nicht wahrgenommen. "Ich dachte, mir sei die die Kehle durchgeschnitten worden." Auch habe sie befürchtet, gelähmt zu sein. "Ich dachte, dass ich dann mit dem Rollstuhl gar nicht mehr ins Badezimmer kommen werde." Nach etwa einer Viertelstunde sei der Krankenwagen gekommen. Der sei hart gefedert gewesen, und sie habe arge Schmerzen gehabt. Laut Ärzten habe sie großes Glück gehabt: Zwar wurden die Luftröhre durchtrennt und ein Halswirbel verletzt, doch Halsschlagader und Spinalkanal blieben unversehrt. Allerdings müsse sie sich noch einem operativen Eingriff unterziehen, sagte die 59-Jährige. Sie habe mitunter das Gefühl, als stecke eine dicke Tablette in ihrem Hals. Das sei sehr lästig. Dann berichtet sie, dass sie manchmal unter schlimmen Albträumen leide. Darin sehe sie sich mit einer übergestülpten Kapuze. Den Stich in den Hals, so erläutert sie, habe sie damals "wie eine Hinrichtung" empfunden.

Nach ihrer Aussage fragt die Richterin die Verteidiger, ob sie Fragebedarf hätten. Nein, man verzichte auf Nachfragen. Aber ob Frank S. einige Worte der Entschuldigung an Frau Reker richten dürfe? Man weiß, dass S. sie als "linksgerichtete Schickeria-Ideologin" verachtete. Die Oberbürgermeisterin denkt einen kurzen Moment über das Ansinnen nach. Dann sagt sie kühl: "Dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt."

(hüw)
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