Düsseldorf IS-Rückkehrer überfordern die Polizei

Düsseldorf · Die Überwachung salafistischer Kämpfer, die aus Syrien und Irak zurück in NRW sind, ist laut Polizei-Gewerkschaft nicht mehr zu gewährleisten. Der Verfassungsschutz-Präsident warnt vor Anschlägen dieser Islamisten in Deutschland.

Die rasant gestiegene Zahl gefährlicher Islamisten in NRW überfordert der Gewerkschaft der Polizei zufolge bereits jetzt die Sicherheitsbehörden. "Da laufen tickende Zeitbomben durch die Gegend", sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Arnold Plickert. Laut einem internen Papier des NRW-Innenministeriums sind in NRW unter den 1800 Salafisten bis zu 250 gewaltorientierte Dschihadisten. Dem Verfassungsschutz zufolge sind besonders die knapp 40 Rückkehrer aus Syrien und dem Irak ein Problem. Bei ihnen sei nicht auszuschließen, dass sie mit dem Auftrag zurückgeschickt wurden, einen Anschlag zu begehen. Zudem wurde rund 50 radikalen Islamisten in NRW die Ausreise in die Kriegsgebiete untersagt.

Auch Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen warnte in der "Welt am Sonntag" vor Anschlägen von Islamisten in Deutschland, insbesondere durch radikalisierte Heimkehrer. Mittlerweise seien mindestens 550 Islamisten aus Deutschland ins Kampfgebiet nach Syrien und Irak gereist. Mindestens 60 deutsche Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) seien bislang getötet worden. Neun von ihnen starben bei Selbstmordanschlägen, sagt Maaßen. Bundesweit seien rund 180 IS-Kämpfer nach Deutschland zurückgekehrt. Die Behörden könnten sie aber nicht rund um die Uhr bewachen. Erst am Freitag hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) berichtet, die deutschen Behörden hätten rund 230 sogenannte Gefährder im Visier. "Das sind Menschen, von denen nicht auszuschließen oder sogar wahrscheinlich ist, dass sie einen Anschlag planen. Mit Umfeld reden wir dann über 1000 Leute."

Laut Polizei-Gewerkschafter Plickert ist eine Überwachung extrem zeitintensiv und daher kaum lückenlos zu gewährleisten. "Für die 24-Stunden-Überwachung brauchen wir 25 Kollegen. Das ist illusorisch, dazu sind wir nicht in der Lage", sagte Plickert. Hinzu kämen gestiegene Risiken durch die neue Allianz von Hooligans und Rechtsextremisten. "Die Politik sollte der Bevölkerung sagen, wer auf die Leute aufpassen soll. Wir schaffen das nicht mehr", so der Gewerkschaftschef, obwohl "das Plus von 27 Stellen für den Verfassungsschutz zweifellos ein positives Signal" sei.

Die Situation werde sich in Zukunft aber noch verschärfen, wenn der geplante Personalabbau bei der NRW-Polizei ins Rollen komme: "Bis 2020 verlieren wir nach der jetzigen Planung 1300 Polizisten in NRW, bis 2025 sogar 3700 Beamte. Das wird von der Politik auch nicht in Abrede gestellt", sagte Plickert.

Wie aktiv die Islamisten auch hierzulande sind, zeigt der Fall des vor knapp zwei Wochen von der Kölner Polizei festgenommenen mutmaßlichen Salafisten Mirza Tamoor B. Einem Bericht des "Focus" zufolge hat der 58-Jährige aus Bergisch-Gladbach die Ausreise von Kampfwilligen nach Syrien organisiert. Mirza Tamoor B. habe im Sommer 2013 einen jungen Mann persönlich mit dem Auto zu den Einheiten des "Islamischen Staats" in das Bürgerkriegsland gefahren, heißt es. Das Magazin beruft sich auf Angaben der Bundesanwaltschaft. Dem Bericht zufolge soll Mirza Tamoor B. zudem für einen anderen jungen Islamisten gegen den Willen dessen Eltern die Ausreise in ein Ausbildungslager in Syrien über den Brüsseler Flughafen organisiert haben. Der junge Mann sei später durch eine Bombe getötet worden.

Der Verfassungsschutz-Präsident will seine Warnung vor möglichen Anschlägen in Deutschland nicht als Panikmache verstanden wissen. "Wir sitzen in einem Boot mit den USA, Großbritannien, Frankreich und allen anderen westlichen Staaten", sagt Maaßen. "Die Situation ist besorgniserregend, aber wir müssen keine Angst haben."

(RP)
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