Düsseldorf Kinder mit Behinderung wochenlang ohne Unterricht

Düsseldorf · In NRW werden zahlreiche Kinder mit Behinderungen offenbar nur noch verkürzt oder über längere Zeit gar nicht mehr unterrichtet. Dies geht aus einer Übersicht der Diakonie Rheinland-Westfalen hervor. Die FDP-Bildungspolitikerin Yvonne Gebauer spricht von einem Skandal, der so gar nicht zur Zusage von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) passe, dass sie "kein Kind zurücklassen" wolle.

Laut Umfrage (Stichtag 1. März) wurden von 1131 gehandicapten Kindern und Jugendlichen 180 reduziert "beschult"; 41 von ihnen nahmen für nur zwei bis fünf Stunden pro Woche am Unterricht teil. Zudem gab es 608 Beurlaubungen, die sich größtenteils (530 Fälle) auf mehr als vier Wochen erstreckten. Für Gebauer liegt der Grund auf der Hand: In den Regelschulen fehlten Sonderpädagogen. Für etwa 75 Prozent der Unterrichtszeit sei eine zweite Fachkraft nötig, die sich um die Kinder mit vorwiegend sozialem und emotionalem Förderbedarf kümmern müsse. Doch davon sei man vielfach noch weit entfernt. Laut Verband "Lehrer NRW" werden Sonderpädagogen an bis zu fünf Schulen "herumgereicht". Gebauer bezweifelt, dass es 3200 "zusätzliche" Lehrer gebe, wie Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) behaupte. Weil manche Förder- und Regelschulen personell unterbesetzt seien, blieben manche Kinder schulisch unterversorgt.

Offenbar wachse der Druck auf die Städte, die Eltern dazu zu bewegen, für ihr gehandicaptes Kind die Regelschule zu wählen. Immerhin sei in NRW in einem Schuljahr die Zahl der Förderschulen von 625 auf 550 gesunken. Das Schulamt der Stadt Borken verlange von Eltern, die für ihr Kind eine Förderschule wollen, eine schriftliche Zusage, dass sie später auf ihren Rechtsanspruch verzichten werden, ihr Kind doch noch auf eine Regelschule zu schicken. Gebauer: "Hier werden die Eltern gezielt eingeschüchtert." Das Ansinnen der Stadt sei schlicht rechtswidrig. Das sieht das Schulministerium genau so.

(hüw)
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