Düsseldorf/Berlin Kritik an NRW-Flüchtlingspolitik

Düsseldorf/Berlin · "Asylbewerber können zum Teil bei Erstaufnahme nicht geröntgt werden."

Vor dem zweiten NRW-Flüchtlingsgipfel, der am Mittwoch in Düsseldorf stattfindet, hat die Opposition der rot-grünen Landesregierung Versäumnisse vorgeworfen. Wesentliche Vereinbarungen des ersten Gipfeltreffens vom Oktober seien noch immer nicht umgesetzt worden, kritisiert CDU-Fraktionsvize André Kuper. Die Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes seien zum Teil nicht in der Lage, alle ankommenden Flüchtlinge zu registrieren und zu röntgen, so dass diese ohne Gesundheitscheck an die Kommunen weitergeleitet würden. Außerdem habe das Land 10 000 Regelplätze zur Unterbringung der Asylbewerber zugesagt, aber es fehlten mehr als 2100. Das NRW-Innenministerium verwies darauf, dass die Kapazitätsausweitung erst zum Jahresende angekündigt worden sei.

Kuper kritisiert zudem, dass das Land bei der Vergabe der Flüchtlingsmittel an die Kommunen den 1. Januar des Vorjahres als Stichtag zugrunde lege. In NRW seien zum 1. Januar 2014 rund 25 000 Flüchtlinge registriert worden, doch im ersten Quartal dieses Jahres seien es schon 21 835 Menschen. Im ganzen Jahr sei mit 60 000 Asylbewerbern zu rechnen. Die Kommunen bekämen das Geld vom Land nur mit erheblicher Verspätung.

Wie berichtet, erwartet NRW-Integrationsminister Guntram Schneider (SPD), dass der Bund mehr Geld für die Versorgung der Flüchtlinge bereitstellt - "daran führt kein Weg vorbei". Er kann sich dabei auf SPD-Chef Sigmar Gabriel berufen, der bei einem Besuch in Tröglitz (Sachsen-Anhalt) erklärt hat, dass er die Hilfen des Bundes nicht für ausreichend hält. "Es darf nicht sein, dass die Kommunen am Ende nicht mehr für ihre originären Aufgaben aufkommen können", sagte der Vizekanzler.

Wegen der steigenden Flüchtlingszahlen hat der Bund für dieses und das nächste Jahr einmalige Hilfen von je 500 Millionen Euro zugesagt. Eine dauerhafte Beteiligung an den Kosten hat er aber bislang abgelehnt. Gabriels Kurswechsel kommt daher bei den Kommunen gut an. Er warnte vor "sozialen Spannungen, die weit über das hinaus gehen, was wir bisher erlebt haben".

Eine Sprecherin der Bundesregierung dämpfte jedoch die Erwartungen und verwies auf die bereits getroffenen Vereinbarungen. Demnach soll es vorerst nicht mehr Geld vom Bund geben. Sie stellte aber in Aussicht, dass über eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an den Kosten im Rahmen der laufenden Gespräche über die künftige Verteilung der Bund-Länder-Finanzen verhandelt werden könnte. Berlin rechnet in diesem Jahr mit 300 000 Flüchtlingen; die Länder halten diese Prognose für zu niedrig.

(RP)
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